Wohlriechend, wohlschmeckend, wohltuend

Auf einer Studienreise an der Südwestküste von Sri Lanka lernte ich sie vor gut 20 Jahren unter dem singhalesischen Namen „Iramusu“ kennen und lieben: Sariva (Hemidesmus indicus), auch indische Sarsaparilla genannt. Aus der getrockneten Wurzelrinde der 1,5 bis 3 Meter langen Kletterpflanze wird ein köstlicher Kurtee zubereitet, ein wahrer Alleskönner.

Ihr Duft und Geschmack ist für ayurvedische Verhältnisse außergewöhnlich angenehm: Hier vereinen sich Gesundheit und Genuss in vollendeter Form. Sariva reinigt und regeneriert zugleich, ist sowohl für erwachsene Frauen und Männer als auch für Kinder und alte Menschen geeignet.

Ayurvedische Klassifikation

Im Ayurveda werden alle Substanzen in einer speziellen Struktur klassifiziert.
Für Sariva gilt:

  • Rasa: der Geschmack: süß und bitter
  • Guna: die Eigenschaften: schwer und ölig/feucht
  • Vipaka: die Wirkung nach der Verdauung: süß
  • Virya: die Potenz: kühlend
  • Dosha: Wirkung: Balancierend auf Vata, Pitta und Kapha (Tridoshashamaka)

Traditionelle Anwendungsgebiete

In der Charaka Samhita wird die süße Wurzel als fiebersenkend, brennende Empfindungen lindernd, stuhlgangfördernd und muttermilchreinigend beschrieben. Sie verbessert Hautbild und -farbe und wirkt wohltuend auf Rachen und Stimme.

Sariva ist ein wichtiger „Blutreiniger“. Verunreinigtes Blut (Raktadushti) ist gemäß der ayurvedischen Lehre eine Ursache von Blutungen, Entzündungen, Hauterkrankungen, Infektionen und Gicht. Auch bei Geschlechtskrankheiten kommt die Wurzel traditionell zum Einsatz.

Weitere klassische Anwendungsgebiete sind:

  • Kushtha: chronische Hauterkrankungen wie Psoriasis oder Urtikaria (Nesselsucht)
  • Kandu: Juckreiz
  • Madhumeha: Diabetes mellitus
  • Durgandha: übler Körpergeruch
  • Shukrala: Aphrodisiakum, Steigerung von Quantität und Qualität des Samens
  • Atisara: Durchfall
  • Ama: unverdaute und unverarbeitete Rückstände
  • Visha: toxische Belastungen bei Schlangen- und Skorpionbissen oder Insektenstichen
  • Agnimandya: schwache Verdauung
  • Aruchi: Appetitmangel
  • Vami: Erbrechen
  • Shvasa und Kasa: Atemnot und Hustensyndrome
  • Raktapitta und Pradara: Blutungen und Menorrhagie (verlängerte Monatsblutung)

Sariva wird zudem als Rasayana Dravya (Regenerationsmittel) für Kinder angesehen und kommt traditionell zur Wundreinigung durch Waschungen zum Einsatz.

Klassische Rezepturen

Sariva ist Bestandteil einiger ayurvedischer Rezepturen:

  • Sarivadyasava und Khadirarishta: Elixiere mit hautgesundheitsfördernder Bedeutung
  • Manjishtadi Kvatha: eine komplexe Mischung zur Blutreinigung
  • Pinda Taila: ein berühmtes Massageöl mit kühlender und hautberuhigender Wirkung
  • Chandana Lepa: eine Pulvermischung, die äußerlich als Paste angerührt auf pitta-dominante Hautstellen aufgetragen wird

Moderne wissenschaftliche Betrachtung

Anfang 2018 veröffentlichten Pansare und Mitarbeiter einen Beitrag im angesehenen International Journal of Ayurvedic and Herbal Medicine über ayurvedische und moderne Aspekte von Sariva (Ayurvedic and modern aspects of Sariva [Hemidesmus Indicus R. Br]: an overview).¹

Sicherlich lassen sich nicht alle, vorrangig in Tierversuchen bestätigten Wirkungen eins zu eins auf den Menschen übertragen. Dennoch geben sie einen wertvollen Einblick in die Heilkräfte dieser wunderbaren Substanz.

So enthält Sariva unter anderem ätherische Öle und viele sekundäre Pflanzenstoffe (Flavonoide, Cumarin, Tanninsäure, Glycoside, Sterole und Triterpensaponine), die für ihre bioaktive Wirkung verantwortlich sind.

Gemäß der genannten Veröffentlichung wirkt Sariva potentiell

  • antioxidativ (fängt freie Radikale ein)
  • hepatoprotektiv (leberschützend)
  • antimikrobiotisch (wirkt einigen Pilze und vielen Bakterien entgegen, die unter anderem für Darmentzündungen und Akne verantwortlich sind)
  • antikarzinogen (krebshemmend)
  • antithrombotisch („gerinnungshemmend“)
  • antiatherogen (der Entwicklung einer Atherosklerose entgegenwirkend)
  • antihyperlipidämisch (LDL, VLDL und Cholesterin senkend; HDL steigernd)
  • natriuretisch und saluretisch (die Ausscheidung von Salzen wie Natrium fördernd)
  • renoprotektiv (nierenschützend)
  • wundheilungsfördernd
  • entzündungshemmend
  • antinozizeptiv (senkt die Empfindlichkeit gegenüber Schmerzreizen)

Empfehlungen zur Anwendung

In der Ernährung eignet sich Sariva zum Einsatz als Tee, in Milch und Süßspeisen.

  • Sariva-Chai: 1 TL Sariva Churna (Pulver) in 1 l Chai (Schwarztee mit Gewürzen) etwa 5 Minuten mitkochen.
  • Sariva mit Grüntee: eine exzellente Erfrischung im Hochsommer.
  • Sariva-Milch: zur Reduktion von Pitta und Befeuchtung bei ausgeprägter Trockenheit. Fügen Sie eine Löffelspitze Sariva Churna 250 ml Milch bei und kochen Sie diese auf.

Sariva lässt sich auch wunderbar in milchige Desserts, Obstsalate oder Smoothies integrieren.

Sariva als Nahrungsergänzung und in der Kräutertherapie

  • Als Aufguss (Infusum): Überbrühen Sie 1 gehäuften TL Sariva Churna mit 1 l siedendem Wasser und gießen Sie den „Tee“ nach 8–10 Minuten ab.
  • Als Dekoktum (Abkochung): Kochen Sie 2 EL Sariva Churna mit 400 ml Wasser auf 100 ml ein, gießen Sie die Flüssigkeit ab und trinken Sie diese in zwei Raten á 50 ml pur.

Die tägliche Verzehrmenge reicht von einer Tasse bis zu einem Liter Sarivatee. Stimmen Sie sich im Falle einer kurartigen Anwendung vorab mit einem Ayurveda-Therapeuten oder -Praktiker ab. Aufgrund ihrer kühlenden Thermik weist Sariva einen besonderen Bezug zu Pitta-Dosha und dem Sommer auf. Ich persönlich setze sie daher gerne bei allen Hitzezuständen, vielen Hautproblemen und übermäßiger Säure im Magen-Darm-Trakt ein.

In der Schwangerschaft sollten Sie Sariva nur nach Abstimmung mit einem kundigen Ayurvedamediziner verwenden (es gibt bestimmte Indikationen und Kontraindikationen), während der Stillzeit gilt sie als sicher.
Und noch ein ästhetischer Tipp: Sariva kann bei längerem Einsatz die Zähne verfärben – wenn Sie dazu neigen, sollten Sie den Konsum kurz vor die Zahnputzzeiten legen. Sind dennoch Verfärbungen eingetreten, lassen sich diese spielend leicht in der nächsten professionellen Zahnreinigung entfernen.

Zusammenfassend möchte ich meine Begeisterung für diese außergewöhnliche Pflanze mit Ihnen teilen, in meiner Praxisarbeit ist diese nicht wegzudenken. Ob als Zusatz in Speisen, als Kurtee, individuelle Pulvermischung mit anderen Pflanzen oder Bestandteil einer klassischen Rezeptur – bei dieser Wurzel gilt der Leitsatz:

Gesundheit und Genuss bedingen sich gegenseitig!

Wichtiger Hinweis
Allen genannten Wirkungen liegen keinerlei Heilversprechen zugrunde. Es kann weder eine Linderung noch eine Besserung eines Krankheitszustandes abgeleitet, garantiert oder versprochen werden.
¹ http://interscience.org.uk/images/article/v8-i1/11ijahm.pdf


Heft 58 – Just be happy!

Das Ayurveda Journal beschäftigt sich in dieser Ausgabe als Titelthema mit dem Schwerpunkt Rheuma & Co.