Dhara ist das Gießen von Ölen und anderen Substanzen auf Kopf und Körper. Im Ayurveda kennt man sehr verschiedene Formen der wohltuenden Güsse (Dhara / Seka).

  • Kaya Seka oder Pizhichil, der warme Ganzkörperölguss
  • Shiro Dhara, der Kopf- oder Stirnguss mit medizinischen Ölen oder Kräuterabkochungen
  • Pari Seka, der nicht wärmende Ganzkörperguss
  • Takra Dhara – Kühlender Kopf- oder Stirnguss mit medizinierter Buttermilch
  • Lokale Güsse an bestimmten Körperpartien wie Herz (Hrdaya Dhara), unterer Rücken (Kati Dhara/Basti) Nabel (Nabhi Dhara)

Kaya Seka – der Ganzkörperölguss

Kaya bedeutet Körper im Sanskrit und Seka geben/gießen. Ein Wahrnehmen mit allen Sinnen! Wohlige Gerüche und das sensible Spüren bei der Behandlung lassen in eine tiefere Ebene des „Bewusstseins“ eintauchen. Kürzlich sagte eine Patientin bei der ambulanten Panchakarma-Kur, dass sie sich bei dieser Behandlung „wie im Mutterleib fühle“: geerdet und wohlig.

Beim Kaya Seka wird der Körper durch das Gießen von warmen medizinischen Ölen zum Schwitzen gebracht. Anwendung findet der Ganzkörper-Guss vor allem bei nervösen Störungen und Erkrankungen des Bewegungsapparates (vataviadhi).

Allgemeines, Einführung, Tradition

Der Ganzkörperguss gilt als Schwitzbehandlung (Svedana), in der Regel Ölbehandlung (Snehana) und zählt zu den aufb auenden Therapien (Brimhana).
Diese spezielle Ayurvedische Behandlungsform kommt aus dem Süden Indiens, aus Kerala, das bekannt ist für seine ausgereiften manuellen Therapien im „Panchakarma“ den Reinigungstherapien (Shodana) des Ayurveda. Je nach Dialekt wird „Kaya Seka“ auch „Pizhichil“, „Taila Seka“ oder „Sarvanga Senchana“ genannt.

Referenzen finden wir in der ursprünglichen Primärliteratur wie der Charaka, Sushruta und Vagabhata.

Durchführung

Der Raum ist angenehm erwärmt, so dass Sie sich wohlfühlen. Sie bekommen ein Tuch um die Stirn, so dass beim Kopfgießen kein Öl in die Augen gelangt. Wenn das warme medizinische Öl (oder andere Substanz) über Ihren Körper fließt, beginnt das Eintauchen in Meditation und pure Entspannung, die der Körper in jeder Zelle wahrnimmt.

Zum Gießen des warmen Öls werden Baumwolltücher oder Schwämme benutzt, die immer wieder in dem zur Konstitution und Störung passenden warmen Öl getränkt und dann in moderatem Tempo mit der rechten Hand über dem Körper ausgedrückt werden, so dass ein gleichmäßiger Strahl entsteht.

In den klassischen sieben Stellungen der Abhyanga wechseln sich Fließen und Ausstreichungen von oben nach unten und vom Herzen weg ab (Anuloma). Dein Körper entspannt sich auf allen Ebenen, das warme Öl durchdringt die Körpergewebe, nährt sie durch die eingekochten Heilpflanzen und leitet Toxine über die Haut aus.

„Den Kopf nicht erwärmen, dafür warme Füße und ein warmes Herz“ ist ein Grundsatz im Ayurveda, deshalb werden nur leicht erwärmte Flüssigkeiten für den Kopf genutzt.

Am Ende des Kaya Seka wird das Öl mit einem Baumwolltuch vom Körper abgenommen und „Rasnadi Curna“, eine Kräuterpulvermischung, auf einen Vitalpunkt (Adhipati Marma) aufgetragen, der eine direkte Verbindung zu den im Kopf befindlichen Funktionen (Prana Vata, Sadhaka Pitta und Tarpaka Kapha) hat. Nachruhen, Nachspüren, Loslassen.

Die Dauer der Einzelbehandlung liegt zwischen 1-2 Stunden und kann täglich, oder alle 2-6 Tage für 7, 14 oder 21 Tage durchgeführt werden, abhängig von der Kraft des Patienten und der Störung/Erkrankung.

Wirkung des Kaya Seka

Kaya Seka ist eine der besten Formen der ayurvedischen Ganzkörperbehandlung um das Nervensystem zu verjüngen und den Bewegungsapparat in seiner Funktion zu verbessern. Die Körpergewebe (Dhatus) werden gestärkt und die Verdauung (Agni) verbessert. Ojas, unser Immunsystem oder Lebenskraft wird immens gestärkt und die Sinnesorgane in ihrer Funktion verbessert.

Besonders das Vata, die Windenergie, wird durch diese Behandlung sehr stark besänftigt, was einen erheblichen Anti-Aging-Effekt nach sich zieht, da „Vata“ das Dosha ist, das uns altern lässt.

Indikationen sind unter anderem

Vata-Störungen, Nervöse Störungen und Erkrankungen des Bewegungsapparates, Ischiasschmerzen, Bandscheibenvorfall, Lähmungen, Gesichtslähmung (Faszialisparese), Multiple Sklerose, Epilepsie, Bechterew, Parkinson, Arthritis, Spondylose, sexuelle Schwäche, Burn Out Syndrom, Prävention, Verjüngung, Stress, nach Frakturen, 9. Monat der Schwangerschaft, grundsätzlich gut für ältere Menschen.

Kontraindikationen sind unter anderem

Starke Erkältung, Fieber, direkt nach Vamana (Brechtherapie), Virecana (therapeutisches Abführen), Basti (Darmeinläufe), mit vollem Bauch, Entzündungen, Ama, offene Wunden, Schwangerschaft, Menstruation, starke Adipositas

Flüssigkeiten, die verwendet werden

  • Dhanvantaram Tailam – sehr stark Vata reduzierend, erdend, Schmerz reduzierend, Nervensystem aktivierend – nicht für den Kopf, da erwärmend.
  • Kshirabala Tailam – beruhigendes, pflegendes, nährendes Körperöl, Ojas vermehrend, nervenstärkend, auch für den Kopfbereich anwendbar.
  • Kvaths (medizinische Kräuterabkochungen) individuell entsprechend der Störung.

Shiro Dhara – Der Kopfguss

Shiro bedeutet der Kopf, Dhara der Guss.

Den Geist zur Ruhe bringen? In der „Bhagavad-Gita“ sagt Arjuna zu Krishna, dass es schwieriger sei, den Geist zu bändigen als den Wind.
Während meiner diversen Studienaufenthalte an indischen Klinik- und Kureinrichtungen habe ich die unterschiedlichsten Kopfgüsse erhalten. Und egal, ob es ruhig war oder das Klappern der Gefäße, das Hupen der Autos oder die Gespräche der Therapeuten zu hören waren, ich konnte immer in mein Innerstes abtauchen, auf eine tiefe Ebene der Entspannung und Gelassenheit.

Nach eine Shiro Dhara meinte eine ambulante Panchakarma Patientin in meiner Praxis zu mir: „Es war, als hätte jemand meine Seele gestreichelt, ich war wie in Trance.“

Durchführung

Vor der Behandlung sollte eine ayurvedische Diagnostik stattfinden, denn Indikationen und Kontraindikationen sollten medizinisch abgeklärt sein. Direkt vor dem Shiro Dhara kann eine Abhyanga (Ganzkörperölmassage) oder eine Kopfmassage (Shiroabhyanga) durchgeführt werden.

Anschließend bekommen Sie etwas Watte in die Ohren, Rosenwasser getränkte Pads und ein schmales Tuch locker um die Augen, so dass kein Öl Ihren Blick trübt. Sie liegen bequem, entspannt und warm zugedeckt, bevor ein kontinuierlicher Strahl der leicht warmen Flüssigkeit pendelnd über Ihre Stirn fließt. Die Reise beginnt.

Aufgefangen und immer wieder leicht erwärmt, kommt diese angenehme Flüssigkeit aus einem an der Decke aufgehängten Gefäß, das langsam über Ihnen hin und her schwingt.

Zwischen 30 und 90 Minuten beträgt die Behandlungsdauer, abhängig von der Störung und der Konstitution. Nachruhen ist wichtig!

Wirkung des Shiro Dhara

Linderung der Beschwerden, mentale und körperliche Entspannung, Kräftigung von Körper und Geist, Anregung des Gedächtnisses, Synchronisierung von rechter und linker Hirnhälfte. Aber auch Altes, Vergessenes oder Verdrängtes kann wieder auftauchen. Die Atmung wird ruhiger, die Muskeln entspannen, der Blutdruck sinkt. Um die volle Wirkung des Stirngusses entfalten zu können, empfiehlt sich eine Behandlungsserie von 7-14 Anwendungen.

Wird der Stirnguss dann einige Wochen oder Monate später wieder angewendet, erinnert sich der Geist an die volle Entspannungswirkung der gesamten Serie und kann darauf zurückgreifen.

Indikationen für diese Behandlungsform können unter anderem sein: Vata-Störungen, stechender Kopfschmerz, Gehörverlust, Müdigkeit, geistige Erschöpfung, Schlaflosigkeit, Trockenheit von Gesicht und Kopfhaut, Haarverlust, Verstopfung, Burn Out Syndrom, Bluthochdruck, Lähmungen, Depression, Kopfschmerzen, Migräne.

  • Kontraindikationen sind unter anderem:
  • zu niedriger Blutdruck, schwacher Kreislauf, während der Menstruation, Schwangerschaft

Flüssigkeiten die verwendet werden

Brahmi Taila, Kshirabala Taila (Vata reduzierend), Buttermilch (beim Takra Dhara bei hohem Pitta), Süßholzwurzel Abkochung (reduziert Vata/Pitta und ist kühlend).

Dein Geist und deine Gedanken formen schließlich deine Welt.


Heft 37 – Panchakarma

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