Die zukünftige Verfügbarkeit ayurvedischer Heilpflanzen ist ein wichtiges Thema, das jeden Ayurveda-Therapeuten betrifft. Genauer gesagt betrifft es eigentlich jeden, der natürliche Heilmittel nutzen will. Viele Kräuter werden in so großer Menge als Wildwuchs geerntet, dass die natürlichen Pflanzenpopulationen unter einem ständig wachsenden Druck stehen. Daher ist es für die Zukunft wichtig, dass mehr Kräuter im biologischen Landbau kultiviert werden und / oder die Ernte des Wildwuchses nur noch unter zertifizierten Standards des Ökolandbaus und der Nachhaltigkeit erfolgen. Damit kann sicher gestellt werden, dass kontinuierlich ayurvedische Kräuter in hoher Qualität zur Verfügung stehen.

Der Ayurveda folgt in seiner Lehre den biologischen Gesetzmäßigkeiten der Natur: Es geht um das Leben in Harmonie mit der Natur, zurückzugeben, was man nimmt, die Natur nicht zu verletzen, sie von Giften zu reinigen und den Boden wieder zu verjüngen. Das Streben nach einer umfassenden Gesundheit (svastha) beinhaltet für alle im Ayurveda Engagierten, die Gesundheit nicht nur der Patienten, sondern auch die unseres Planeten zu sichern. Auf dieser Basis kümmere ich mich seit mehr als 10 Jahren um die Kultivierung ayurvedischer Kräuter nach kontrolliert biologischen Standards.

Im Jahr 2004 publizierte Alan Hamilton einen Artikel über die Gefahren, die der Natur aus dem ungezügelten Abernten heilkräftiger Kräuter drohen. Er selbst ist Pflanzenexperte und für den World Wildlife Fund (WWF) tätig. Demnach kommen zur Zeit 75% der Heilkräuter aus Wildwuchs. Weltweit werden mehr als 50000 Arten zu Heilzwecken eingesetzt, von denen nahezu 10000 in ihrem Bestand gefährdet sind. Das bedeutet, dass 20% aller Kräuter schon knapp werden. Hat also die Pflanzenheilkunde eine Zukunft? Und ist die Natur in der Lage, den zukünftigen Bedarf zu decken?

Warum sind Pflanzen so wichtig für unsere Gesundheit?

Aus medizinischer Sicht haben Heilkräuter eine enorme Bedeutung: Sie haben die Fähigkeit, in sicherer Weise die Körpergewebe, das Immunsystem und die Integrität des Körpers zu stärken und gleichzeitig das Potential, ihn zu reinigen, zu entgiften und von Schadstoffen zu befreien. Diese Kräuter zu einem Bestandteil der Ernährung werden zu lassen ist von großem Nutzen für die Gesellschaft als Ganzes.

Aktuell vermuten viele Wissenschaftler, dass die Zunahme chronischer Erkrankungen u. a. darauf zurückzuführen sei, dass wir weniger pflanzliche Nahrung als früher zu uns nehmen. In allen traditionellen Gesellschaften wurden viele Kräuter zur gesundheitlichen Stärkung eingesetzt, und in der Ernährung nahmen die Menschen viele sekundäre Pflanzenstoffe auf, das sind die Schutzstoffe, die den Pflanzen ihre Farbe, ihren Duft und ihren Geschmack geben wie Flavonoide, Carotine usw.. Sie schützen unsere Zellen vor vielen Umweltgefahren, die durch Umweltverschmutzung, Stress und Ernährungsdefizite entstehen.

Kräuter

Heilkräuter sind ein integrierter Bestandteil der Natur. Sie sind ein wesentlicher Faktor der Artenvielfalt und wichtig für das Ökosystem der Erde. Sie sind ein wichtiger Teil unseres Austausches mit der Natur und intensiviert die Beziehung, die wir zur Erde haben. Ungefähr 80% der Weltbevölkerung stützen sich nach wie vor auf natürliche Heilmittel, die aus den jeweiligen traditionellen Medizinsystemen bekannt sind.

Heilsame Pflanzen enthalten eine Vielzahl bisher noch unbekannter Stoffe, die für die zukünftige Medizin von großer Bedeutung sein können. Damit stellt dieser Schatz der Natur einen beträchtlichen Wirtschaftsfaktor dar.

Kräuter sind Symbole für die Kraft der Natur ein Teil der kulturellen Integrität. Traditionelle Medizinsysteme beinhalten Werte und Lebensformen, aus denen die Menschen einer Region ihre Identität schöpfen können.

Risiken für den Fortbestand der Heilkräuter

Es wird geschätzt, dass im Ayurveda ca. 1250 Arten Verwendung finden und von diesen ca. 300 regelmäßig genutzt werden. Ähnliche Zahlen existieren für die chinesische und die westliche Naturheilkunde. In Indien und Sri Lanka kommen ca. 90% der Kräuter aus den Wäldern, den Bergen und Ebenen, sie werden in einer ungesteuerten Weise geerntet und dies stellt eine immense Bedrohung für ihre Population dar. In China liegt der Wildwuchsanteil bei ca. 80% und in Afrika über 95%.

Gerade für arme Menschen stellt die Kräutersammlung eine wichtige Einnahmequelle in den ländlichen Regionen dar und zusätzlich fördert auch noch die steigende Nachfrage (jährlich 10 – 20% Wachstum) die exzessive Ausbeutung der Natur.

Gleichzeitig werden damit die traditionell gewachsenen Vorgehensweisen bei der Kräuterernte außer Kraft gesetzt. Früher waren die meisten Sammler auch Kenner der Kräuter und ihrer Wachstumszyklen. Man wartete den Termin der besten Wirksamkeit (Bis Bhadon) ab und ließ immer genügend übrig, damit sich der Bestand bis zum nächsten Jahr erholen konnte. Heute sind viele Sammler Wanderarbeiter, die im Auftrag von gewinnorientierten Händlern alles aus den empfindlichen Bergregionen holen, was sie finden können. Kutki (Picrorhiza kurroa) wird beispielsweise bereits bis zu drei Monaten vor dem optimalen Termin gesucht. Es gibt einen harten Wettbewerb unter den Sammlern, der keinen Raum für ein nachhaltiges Vorgehen bietet. Die Pflanzen werden herausgerissen, bis kaum noch etwas übrig ist. Angesichts dieses Raubbaus gilt es, neue Strukturen für ayurvedische Kräuter aufzubauen.


Heft 23 – Ayurveda und Ökologie

Eine ayurvedische Ernährung beinhaltet eine frische und liebevolle Zubereitung der Lebensmittel. Inwiefern eine ökologische Erzeugung der Lebensmittel die positive Wirkung der Nahrungsmittel unterstützt behandelt das Ayurveda Journal 23 – Ayurveda und Ökologie.