Der moderne westliche Mensch wird überflutet mit Ernährungstheorien und wissenschaftlichen Erkenntnissen wie ein gesundes Essen zusammengestellt sein muss und welche Vitamine, Mineralien, Spurenelemente etc. er benötigt, damit keine ernährungsbedingten Mangelzustände auftreten. Paradoxerweise nehmen aber in wachsendem Maße ernährungsbedingte Krankheitsbilder wie Rheuma, Osteoporose, Übergewicht, Allergien und Herz- Kreislaufprobleme zu. Aus ayurvedischer Sicht droht der moderne Mensch trotz der Vielfalt und Fülle an Nahrungsmitteln geradezu zu verhungern. Krankheiten des Blutes, Muskelschwund, Fettleibigkeit, Knochenabbau, Erkrankungen des Nervensystems bis hin zur Unfruchtbarkeit von Mann und Frau sowie Immunschwäche sind laut Ayurveda ein Hinweis, dass bedingt durch einen unzureichenden Zellstoffwechsel die Körpergewebe trotz ausreichender Nahrungszufuhr mangelhaft genährt werden.

Das jahrtausendealte Wissen der Vedischen Vaidyas erklärt uns die tieferen Ursachenzusammenhänge.

Das Spezielle der ayurvedischen Ernährungslehre

Die ayurvedische Ernährungslehre unterscheidet sich von den modernen Ernährungskonzepten vor allem darin, dass die Betonung auf der Verwertung der Nahrung liegt.

Wesentlich ist nicht nur, was man isst, sondern vor allem, was der Körper daraus macht. Die optimale Resorption der dem Körper zugeführten Nährstoffe, sowie die vollständige Ausscheidung von Abfallprodukten, die bei einem Stoffwechselvorgang entstehen, sind maßgeblich für eine gesunde Nährung und Erhaltung unseres Körpers. Hierfür sind die sogenannten Agnis (Verdauungsfeuer) von vorrangiger Bedeutung. Der Ayurveda kennt 13 Agnis, von denen das Jathar-Agni die zentrale Rolle spielt. Es spaltet im Magen-Darmbereich die Nahrung in das, was der Körper aufnimmt (Ahara-Rasa, der Saft der Nahrung) und was der Körper ausscheidet. Die fünf Bhut-Agnis, die den fünf Elementen zugeordnet sind, filtern aus dem Nährsaft (Ahara-Rasa) die Elemente heraus, die der Körper für seinen Aufbau benötigt, z.B. Flüssigkeit (Element Wasser). Die Bhut-Agnis haben ihren Sitz in der Leber. Die sieben Dhatu-Agnis bauen nun im Zusammenwirken mit den Bhut-Agnis aus der verdauten Nahrung (Ahara-Rasa) in einem fließenden Prozess die verschiedenen Körpergewebe (Dhatus) auf: Plasma (Rasa), Blut (Rakta), Muskeln (Mamsa), Fett (Medha), Knochen (Asthi), Knochenmark (Majji) und Ei- und Samenzelle (Shukra).

Jede Gewebeschicht hat ihr eigenes Verdauungsfeuer. Der Ayurveda beschreibt diese schrittweise Verwertung der Nahrung als Dhatu-Transformation, bei der die Nährstoffe in Energie oder Körpersubstanz verwandelt werden, um die Zellen zu nähren, zu erhalten und zu regenerieren.

Die komplette Assimilation der Nährstoffe durch alle 7 Gewebsschichten dauert ca. 40 Tage, d.h. ca. 5-6 Tage pro Dhatu. Das Endprodukt eines vollständigen Stoffwechselvorganges wird „Ojas“ genannt, eine Substanz aus dem Grenzbereich zwischen Bewußtsein und Materie. Ojas kann als „Immunität“ übersetzt werden. Ojas gibt dem Körper Strahlkraft, eine attraktive Erscheinung und dem Geist die Erfahrung von Glücklichsein. Eine Störung des Agni auf irgendeiner Dhatu-Ebene blockiert den gesamten Assimilationsvorgang und verhindert, dass die Nährstoffe an die nächstfolgenden Gewebe weitergegeben werden können, sodass diese allmählich verhungern. So erklären sich die anfangs erwähnten Krankheitsbilder bishin zur Unfruchtbarkeit.

Im Charaka Samhita, der klassischen Textsammlung des Ayurveda, wird die Bedeutung von Agni immer wieder betont: „Lebensdauer, Ausstrahlung, Stärke, Gesundheit, Immunität, Energie, Wärmeprozesse und der Lebensatem – all das hängt vom Verdauungsfeuer ab. Man stirbt, wenn dieses Feuer erlischt, man lebt frei von Störungen, wenn es seine Aufgabe richtig erfüllt, und wird krank, wenn es geschwächt ist, denn Agni liegt all diesem zugrunde.“

Was die Agnis stärkt

Was können wir tun, um die Funktionstüchtigkeit der Agnis zu bewahren oder wiederherzustellen?

Der Ayurveda überliefert uns folgende Ratschläge:

  • Auf den Körper hören und nur essen, wenn man wirklich hungrig ist.
  • Nicht den Magen überladen (1/4 Wasser, 2/4 feste Nahrung, 1/4 Leerraum).
  • Keine extrem kalten Nahrungsmittel oder Getränke.
  • Keine übermäßig gewürzten, schweren gebratenen/frittierten oder öligen Speisen.
  • 3-6 Stunden Abstand zwischen den Mahlzeiten einhalten, d.h. keine Zwischenmahlzeiten.
  • Häufiges Trinken weniger Schlucke heißen Wassers (10-20 Min. gekocht) über den Tag verteilt, evtl. auch mit einer Scheibe frischen Ingwers.
  • Gelegentlich einen Fastentag mit einer Monodiät (Reis-Dhal Suppe).
  • Reinigungsmaßnahmen (Pancha Karma) in der Phase der Jahreszeiten-übergänge.
  • Zur besonderen Agni-Stimulanz vor Beginn der eigentlichen Mahlzeit: in eine mit Salz und Honig bestrichene Scheibe Zitrone beißen.
  • 20-30 Min vor der Mahlzeit etwas Bitteres (gut für den Magen).
  • Gewürze, die das Agni fördern, einsetzen: Ingwer, schwarzer Pfeffer, Cayenne Pfeffer, Zimt, Pippali, Kardamom.
  • Spezielle Yogastellungen, z.B. der Sonnengruß.

Ama – krank durch Schlacken

Was geschieht denn eigentlich mit der Nahrung, sei sie noch so hochwertig und vollwertig, wenn sie nicht richtig verstoffwechselt wird – die Agnis also geschwächt sind? Der Ayurveda bezeichnet das Produkt eines solchen Stoffwechsels als „Ama“ (Unverdautes) oder Schlacke. Ama setzt sich in den Srotas (Körperkanäle und Zellschwischenräume) ab, blockiert die Zellatmung und behindert in Folge die weiteren Stoffwechselvorgänge. Ama wird im Ayurveda als die Hauptursache für Krankheit und Alterung bezeichnet.

Bei den Menschen in den westlichen Industrienationen ist häufig ein gestörtes Agni zu finden. Ursachen sind nicht nur fehlerhafte Ernährung, sondern auch Streß und negative Emotionen.

Der Ayurveda bietet eine Vielzahl von Lösungsansätzen. Neben Meditation und Yoga zur Streßbewältigung und emotionalen Stabilisierung gibt es Entschlackungs- und Regenerationskuren. Eine ausgewogene ayurvedische Ernährung, die anders als moderne Ernährungskonzepte auch den Typ des Essers, die Tages- und die Jahreszeiten berücksichtigt, kann die „Agnis“ auf allen Ebenen wieder ins Gleichgewicht bringen. Allein die konsequente Umstellung auf ayurvedischen Kandiszucker (Sharkara (Produkt der Amla Natur GmbH)) wirkt längerfristig gesehen meist schon Wunder.

Es gibt spezielle ayurvedische traditionelle Heilmittel wie Guduchi, Amalaki und Ashwagandha, die eine Gesundung der Stoffwechselvorgänge besonders tiefgreifend bewirken. Sollten bereits deutliche Krankheitsbilder unterernährter Körpergewebe vorliegen, ist es unbedingt anzuraten, einen kompetenten Ayurveda-Mediziner aufzusuchen.


Heft 04 – Essen Sie sich gesund

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