Kundalini Yoga wurde Tausende von Jahren ausschließlich von Meistern weitergegeben und nur vom Meister auf den Schüler übertragen. Als Harbhajan Singh geboren, wurde Yogi Bhajan bereits im Alter von 16 Jahren zum Kundalini-Meister. Er beobachtete die Menschen und ihre Suche nach Glück und Erleuchtung. 1969 brach Yogi Bhajan die Tradition und ging in den Westen, um dort öffentlich zu unterrichten.

Was ist Kundalini Yoga?

Kundalini Yoga ist das Yoga der Energie. Die Techniken sollen die sieben Chakren (Energiezentren) aktivieren und an der Aura, dem magnetischen Feld, das den Menschen umgibt, arbeiten. Die Chakren kann man sich wie Energiewirbel im feinstofflichen Energiesystem des Menschen vorstellen, die in bestimmten Abständen der Wirbelsäule entlang angelegt sind. Jedes Chakra schwingt stärker oder schwächer, bzw. kann blockiert sein. Die Techniken des Kundalini Yoga sollen die Energiezentren aktivieren und harmonisieren.

Verschiedene Yogastile im Vergleich zum Kundalini Yoga

Grundsätzlich unterscheidet man Jnana Yoga = das Yoga des Wissens, Bhakti Yoga = das Yoga der Hingabe, Raja Yoga = das Yoga der Gedankenkontrolle, Karma Yoga = das Yoga des Dienens, Hatha Yoga = das Yoga der Körperarbeit und Kundalini Yoga = das Yoga der Energie. Im Laufe der Zeit entwickelten sich verschiedene Unterarten des Yoga. Auch wenn diese Stile zum Teil sehr unterschiedlich sind, beinhalten sie viele Körperstellungen (Asanas) des Hatha Yoga, das weltweit am häufigsten praktiziert wird. Klassisches Hatha Yoga und Kundalini Yoga verfolgen zunächst ein und dasselbe Ziel: die Kundalini-Energie, die universelle Lebensenergie, zu wecken. Im klassischen Hatha Yoga werden die Asanas überwiegend statisch gehalten. Im Kundalini Yoga nach Yogi Bhajan werden die Übungen hauptsächlich dynamisch geübt.

Während im Hatha Yoga eine gewisse Flexibilität in der Zusammenstellung der Übungen besteht, wird im Kundalini Yoga eine festgelegte Kriya praktiziert. Eine Kriya ist eine Abfolge von Haltungen, Atmung und Klang, die eine Einheit miteinander bilden.

Praxis und Wirkung von Kundalini Yoga

Zu Beginn einer Kundalini-Yogastunde stimmen sich die Teilnehmer ein. Darauf folgen meistens Aufwärmübungen, eine thematische Übungsreihe mit festgelegter Abfolge (Kriya) und eine Tiefenentspannung. Den Abschluss bildet eine Meditation. Die überwiegend dynamischen Übungsreihen und rhythmischen Wiederholungen der Übungen haben das Ziel, die Energie bewusst in bestimmte Körperregionen zu lenken. Der Yogalehrer wählt eine Übungsreihe (Kriya) aus, die eine klare Intention verfolgt: zum Beispiel, den Körper zu entgiften oder den Stoffwechsel zu aktivieren.

Dafür stehen verschiedene Techniken zur Verfügung. Hierzu gehören Körperhaltungen (Asanas), Atemübungen (Pranayama), geistiger Fokus (Drishti), Fingerhaltung (Mudra) und das Singen von Mantren (Chanten). Jede Haltung, die wir einnehmen, hat einen bestimmten Effekt. Durch die gezielte Stimulationwerden Meridiane und Nadis (Energiebahnen) aktiviert.

Warum Kundalini Yoga die Entgiftung und Gewichtsreduktion unstützen kann

Die dynamischen Übungsreihen im Kundalini Yoga unterstützen und aktivieren den gesamten Stoffwechsel. Dieser steht im engen Zusammenhang mit dem Gewicht. Menschen mit einem aktiven Stoffwechsel nehmen in der Regel leichter ab. Um den Körper zu entgiften und den Stoffwechsel anzukurbeln, eignen sich Übungsreihen, die schweißtreibend, dynamisch und kraftvoll sind und den Kreislauf aktivieren.

Die ausgewählten Übungsreihen und Meditationen haben nicht nur eine aktivierende Wirkung auf der Körperebene, sondern fördern auch die Selbstwahrnehmung, was die Voraussetzung für eine Neuorientierung darstellt und dem individuellen Lebensweg eine bewusstere Ausrichtung geben kann.

Für welchen Konstitutionstypen eignet sich Kundalini Yoga besonders gut?

So vielfältig und individuell Kundalini Yoga ist, so unterschiedlich ist die Wirkung. Jeder Konstitutionstyp profitiert auf eine andere Weise.

Für vatadominierte Menschen (bestehend aus den Elementen Luft und Raum) sind die dynamischen Bewegungen sehr wohltuend, da das Praktizieren die Muskulatur aktiviert und die Energiekanäle öffnet. Das Element Luft kann sich dadurch bewegen, zirkulieren und ausdehnen. Der geistige Fokus beruhigt den vatadominierten Geist, der gerne abschweift. Pittadominierte Menschen (bestehend aus den Elementen Feuer und Wasser) sind von Natur aus dynamisch und leistungsstark. Sie fühlen sich im Kundalini Yoga in ihrem Element und daher sehr wohl.

Die Dynamik des Kundalini Yoga verstärkt das Feuerelement, was bei übertriebener Praxis auch zu unangenehmen Gefühlswahrnehmungen, wie z. B. Wut führen kann. Pitta-Typen sollten dies berücksichtigen. Kaphadominierte Menschen (bestehend aus Wasser und Erde) verfügen über einen kompakten Körperbau, neigen zu einem trägen Stoffwechsel und erhöhter Schleimbildung. Sie profitieren von allen Konstitutionstypen am meisten von der Dynamik der Übungen, da der Stoffwechsel stark angeregt wird. Stoffwechselrückstände werden durch die Massage des Gewebes mobilisiert und deren Ausscheidung aktiviert. Die Übungen spornen den kaphadominierten Typ an und unterstützen ihn bei der Gewichtsregulation. Zu berücksichtigen ist, dass ein ausgeglichener Kapha-Typ nicht zwangsläufig zu Übergewicht neigen muss.

Wie sieht Kundalini Yoga in der Praxis aus?

Im Folgenden finden Sie zwei Übungen, die Ihnen einen Eindruck von der Dynamik und Kraft des Kundalini Yoga vermitteln und Sie vielleicht neugierig auf mehr machen.

Übungen

Strech-Pose zur Aktivierung des Nabels

Bei der Streckposition wird die Körpermitte gezielt aktiviert und gestärkt, die Nieren und Nebennieren werden massiert. Sie liegen auf dem Rücken. Füße und Beine werden eng zusammengeführt. Die Arme liegen zunächst ausgestreckt neben dem Körper oder mit den Handflächen zu den Oberschenkeln gerichtet. Der untere Rücken wird während der gesamten Übung fest auf den Boden gedrückt. Der Kopf wird angehoben, der Blick geht in Richtung Zehen. Zur Unterstützung des Nackens wird das Kinn leicht angezogen. Bei Beschwerden im unteren Rücken, können die Handflächen unter das Gesäß gelegt werden. Als nächstes werden die Arme und beide Beine ca. 15 Zentimeter angehoben. Der Atem ist lang und tief oder es wird der Feueratem praktiziert (Atemtechnik, bei der zügig durch die Nase ein- und durch die Nase ausgeatmet wird; Ein- und Ausatem sind gleich lang; beim Ausatmen wird die Bauchdecke leicht nach innen gezogen, beim Einatmen wölbt sich die Bauchdecke wieder nach außen). Diese Position wird zu Beginn eine Minute gehalten und kann mit der Zeit auf zwei bis drei Minuten gesteigert werden.

Spinal-Twist (Rumpfdrehen)

In dieser Übung wird die gesamte Rückenmuskulatur gedehnt und gestärkt. Der Bauchraum und der Unterleib werden massiert. Der Brustkorb wird geöffnet und das Herzzentrum aktiviert. Diese Übung wird in der einfachen Sitzhaltung oder im Fersensitz durchgeführt. Der Rücken ist aufgerichtet, der Brustkorb und das Brustbein angehoben. Das Kinn wird leicht in Richtung des Nackens angezogen. Der Kopf bleibt gerade und zentriert. Die Muskulatur von Nacken und Kehle sind locker. Die Gesichtsmuskeln sind entspannt. Der/die Übende legt die Hände auf die entspannten Schultern. Die Daumen schauen nach hinten, die restlichen Finger nach vorne in Richtung der Schlüsselbeine. Die Oberarme werden parallel zum Boden gehalten. Die Schulterblätter werden etwas zusammengezogen, der Brustkorb geöffnet. Beim Einatmen werden Oberkörper und Kopf zur linken Seite gedreht, beim Ausatmen zur rechten Seite. Die Drehung geschieht vom Nabel aus. Der Kopf und der Körper bewegen sich zusammen in eine Richtung. Die Übung kann langsam begonnen und mit der Zeit dynamischer praktiziert werden. Der Spinal Twist wird zu Beginn eine Minute praktiziert und kann auf drei Minuten gesteigert werden.

Viel Freude beim Ausprobieren!


Heft 57 – Wohlfühlgewicht

Das Ayurveda Journal beschäftigt sich in dieser Ausgabe als Titelthema mit dem Schwerpunkt Wohlfühlgewicht.