Hätte ich gewusst, was mich an Abwasch erwartet, hätte ich das Projekt Kräuterkur zu Haus vielleicht noch mal überdacht. Der Leidensdruck war zunächst groß genug – nervenzehrende Schlafstörungen und ich fühlte mich permanent wie erschlagen. Nach einem halben Jahr Lamentieren und dem Besuch verschiedener hilfsbereiter aber ratloser Ärzte war ich bereit zu einer ayurvedischen Konsultation bei Mister X in Y. Dass Mister X sechs Zugstunden entfernt praktiziert, spielte inzwischen überhaupt keine Rolle mehr.

Ich wollte meinem Leiden die Stirn bieten. Die Konsultation war lang und ausführlich. Ich habe Fragen um Fragen zu meiner Ernährung, meinen Lebensgewohnheiten, Vorlieben und Abneigungen etc. beantwortet. Zusätzliche Untersuchungstechniken waren Physiognomie, Zungen- und Pulsdiagnose. Am Ende war klar: Pittagrundkonstitution, Vatastörung und Ama. Drei Tage später erhielt ich einen achtseitigen Behandlungsplan mit Hinweisen zur Tagesroutine und einen Diätplan. Ich war baff. Bis ich den Plan gelesen hatte, waren schon 20 Minuten um und ich fragte mich, wie ich mir das alles merken soll. Aber mein Ehrgeiz behielt die Oberhand. Am nächsten Morgen ging es los:

Schon vor dem Frühstück hatte ich fünf verschiedene Dinge zu tun. Als ich in Stress geriet und am Ende in absoluter Zeitnot zur Arbeit sauste, beschloss ich, in Zukunft früher aufzustehen. Aufstehen 6:30, Nachtruhe 22:30. Ich seufzte innerlich: Das mir, wo ich seit Jahren wider besseren Wissens eine unayurvedische Nachteule blieb und selten vor Mitternacht ins Bett fand. Durch das frühe Aufstehen war ich abends gegen 22 Uhr völlig erledigt. Freunde, die mich bisher unbefangen noch um halb elf abends angerufen hatten, wurden von mir unfreundlich mit Hinweis auf meine neue gesunde Lebensweise abgewimmelt.

Zurück zum Frühstück. Bisher verzehrte ich unterwegs ein Brötchen. Das war jetzt verpönt. Empfohlen wurde warmer Brei. Ich kochte morgens Milch, kochte Brei, verbrauchte einen weiteren Topf beim Inhalieren und den nächsten, wenn ich den verschriebenen Tee kochte. Fassungslos starrte ich auf den Abwasch, verließ das Haus und grübelte unterwegs, dass das mit Spülmaschine alles viel einfacher wäre und ich weitere Töpfe kaufen sollte. Mittags musste ich alle Töpfe abwaschen (ich habe nur vier), um wieder drei bei der Zubereitung des Mittagessens und einen weiteren beim erneuten Teekochen einzuschmutzen. Diesmal habe ich nach dem Essen gleich alle abgewaschen, denn abends lag wieder die gleiche Zeremonie vor mir.

Zwischendurch „mal schnell etwas zu Essen machen“ war nach einer Woche aus meinem Bewusstsein verschwunden. Kochen und Einkaufen wurde heilig. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. Schon nach ein paar Tagen schlief ich wie ein Murmeltier. Ich konnte es anfangs gar nicht glauben, wenn der Wecker klingelte, weil das hiess, ich hatte tatsächlich durchgeschlafen.Mein Gesamtbefinden verbesserte sich deutlich, mental fühle ich mich klarer und ausgeglichener. Die positiven Effekte ermutigen mich, jetzt nach sechs Wochen genauso motiviert täglich zwölf Kochtöpfe abzuwaschen.


Heft 04 – Essen Sie sich gesund

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