Die Ayurvedische Heilkunst überliefert Behandlungsmaßnahmen für die lactierende, milchproduzierende Brust sowie Verhaltens- und Ernährungsempfehlungen für die Stillzeit. Bereits nach der Empfängnis bereitet sich die Brust darauf vor, das Baby zu ernähren und Milch zu produzieren. Viele Frauen bemerken ein Anschwellen der Brustdrüse noch vor dem ersten positiven Schwangerschaftstest! Die Montgommeryschen Drüsen vergrößern sich und sondern eine ölige Substanz ab, welche die Haut pflegt. Dieses selbstproduzierte Öl besitzt eine antiinfektiöse Eigenschaft.

Ab dem 6. Schwangerschaftsmonat beginnen die Drüsen Kolostrum – eine erste Entwicklungsstufe der Muttermilch – zu produzieren. Kolostrum ist gelblich, dick, klebrig, enthält viele Antikörper und Wachstumsfaktoren.

Für die Bildung eines gesunden Kolostrums spielt die Ernährung in der Schwangerschaft eine große Rolle. 2-14 Tage nach der Geburt bietet die Brust dem Baby eine leichte Übergangsmilch an, gefolgt von der reifen Muttermilch.

Brustpflege in der Schwangerschaft

Eine Selbstmassage mit einem Garshan Handschuh am Morgen ist wunderbar sanft und belebend für die schwangere Frau. Die Brust wird sanft kreisförmig auch über Vorhof und Brustwarze massiert. Das Bindegewebe der Brust muss gestärkt werden, um Schwangerschaftsstreifen vorzubeugen. Eine Selbstmassage mit Brahmi-Öl harmonisiert Kapha Dosha und reduziert Vata und Pitta. Auch Dashamula-Öl zur Harmonisierung von Vata wird empfohlen. Bei einem evtl. Juckreiz der Brüste in den ersten 3 Monaten der Schwangerschaft lindert ein kühlendes Öl wie Kokos- oder Pitta-Öl.

Während des Wachstums der Brust ist es sehr wichtig, einen gut sitzenden, nicht einengenden BH zu tragen! Nicht bei jeder schwangeren Frau stößt das Wachstum der Brust auf positive Gefühle. Seien Sie freundlich zu Ihrer Brust und freuen Sie sich darauf, wie wunderbar die Natur und ihr Körper dafür Sorge tragen, dass Ihr Baby nur von Ihnen ganz allein gestillt und genährt werden kann!

Die Muttermilch

Muttermilch enthält vor allem Ojas, eine Lebenssubstanz, die der Physiologie Ausstrahlung und Stärke vermittelt. Babys müssen besonders viel Ojas aufbauen.
Die Eigenschaften von Muttermilch (stanyam payas) als untergeordnetes Gewebe von Rasa (ein Nebengewebe des Blutplasma) werden schon in der Caraka Samhita (I,105 b-113) wie folgt beschrieben:

  • madhura – süß
  • balya – stärkend
  • manaskara – die mentalen Funktionen fördernd
  • snigdha – fett glatt
  • sita – kalt
  • prinana – wohltuend
  • brmhana – feistmachend
  • vrsya – potenzsteigernd
  • medhya – rein
  • jivaniya – belebend
  • sramahara – Müdigkeit vertreibend
  • svasa-kasa-nibarhana – Atembeschwerden u. Husten vertreibend

Sie verheilt (sandhana) Wunden (vihata).

Mit der richtigen Ernährung der stillenden Frau wird die Muttermilch all ihre wunderbaren Eigenschaften erhalten! Nach westlichem Verständnis enthält Muttermilch Zellen der Immunabwehr, fettspaltende Enzyme, die dem Kind bei der Fettverdauung helfen – mehr Eisen und Kupfer, weniger Phosphor – mehr Kohlehydrate, weniger Eiweiß – abwehrfördernde Enzyme. Wer bekommt bei all diesen guten Eigenschaften nicht Lust aufs Stillen?

Ayurvedische Stillregeln

Die Stillzeit beginnt mit der Geburt der Plazenta. Es ist das Signal, mit der Produktion von reifer Muttermilch zu beginnen, ein rein hormoneller Vorgang, der über das Saugen des Kindes angeregt wird. So erklärt sich auch, dass immer genug Milch in ausreichender Qualität und dem Alter des Kindes angepasst produziert wird. Wenn sich die stillende Frau an einige „goldene Stillregeln“ hält, werden die Doshas automatisch harmonisiert.

  1. Das erste Anlegen des Babys nach der Geburt: Ein gesundes Neugeborenes beginnt spätestens ca. 20-30 min. nach der Geburt die mütterliche Brust zu suchen. Legen Sie Ihr Baby sofort an die Brust und lassen Sie es saugen so lange es möchte. Stillen Sie Ihr Baby von nun an nach Bedarf! Das Saugen des Kindes gibt dem Körper die Information, mit der Produktion von „reifer Muttermilch“ zu beginnen.
  2. Stillen Sie in Stille und mit viel Ruhe! Gestalten Sie sich einen angenehmen Stillplatz: ein bequemer Sessel, Stillkissen, Tee oder warmes Wasser, Blumen und evtl. eine Kleinigkeit zu Essen wie Studentenfutter oder Milchbildungskugeln. Ein sonniger Platz im Haus wärmt auch die Mutter!
  3. Massieren Sie dem Baby vor oder während des Stillens leicht die Füße. Geben Sie sich und Ihrem Kind genügend Zeit, sich kennen zu lernen. Eine Übungsphase von 6-8 Wochen ist völlig normal.
  4. Beträufeln Sie Brustwarze und Vorhof nach dem Stillen mit Muttermilch! Lassen Sie die Milch antrocknen und benutzen Sie, wenn nötig, nur Stilleinlagen aus Wolle/Seide oder Baumwolle!
  5. Verschiedene Stillpositionen sind wichtig, um wunden Brustwarzen oder einem Milchstau vorzubeugen.

Schmerzhafter Milcheinschuss

Viele Frauen erleben den Milcheinschuss 2-4 Tage nach der Geburt als schmerzhaft und unangenehm – ein Hinweis auf ein starkes Kapha-Dosha-Ungleichgewicht. Es gilt, Kapha zu senken.

  • am besten das Essen für 2 Tage reduzieren
  • scharfe, bittere und zusammenziehende Nahrungsmittel bevorzugen
  • Milch und Milchprodukte vermeiden
  • Trikatu in Pulverform
  • Ingwerwasser

Das Verdauungsfeuer (Agni) mit folgendem Agnitrunk anregen

250 ml Wasser, Cumin, Steinsalz, frischen Ingwer – alles zusammen köcheln, bis die Menge sich auf die Hälfte reduziert hat.
Bei Rötung und Hitze gilt es, das Pitta-Dosha zu besänftigen! Die Brust wird so stark durchblutet, dass sie sich heiß anfühlt und die Drüsen anschwellen.

  • kalte Umschläge mit Retterspitzlösung oder Quarkwickel
  • Die beste Hilfe ist immer noch Ihr Baby! Lassen Sie es häufig trinken und kühlen Sie in den Stillpausen Ihre Brust.

Ernährung bei zu wenig Milch

Kapha muss gestärkt werden! Bevorzugen Sie alle süßen, öligen und salzigen Nahrungsmittel!

Milchbildende Substanzen (Stanyajanana) sind: Warme Milch – auch Gewürzmilch (3,8 % Bio Milch), Ghee, Mandelmilch, Milchreis mit Zimt und braunem Zucker, Griesbrei, Rosinen, Studentenfutter, Mandeln, Sesamkörner, Sonnenblumenkerne, Milchbildungskugeln, Malzbier, Kokosnuss, Fenchel-Kümmel-Anis-Tee oder 1/2 TL Boxhornkleesamen und 1/2 TL Fenchelkörner in 500 ml Wasser 10 min. kochen, Chyavanprash mit Milch, Shatavari (indische Spargelwurzel).

Die beste Hilfe ist immer noch Ihr Baby! Häufiges Anlegen regt die Milchproduktion an! Gönnen Sie sich Ruhe und versuchen Sie Stress und zu viel Aktivität zu vermeiden! (Vata reduzieren!). Vertrauen Sie auf Ihren Körper und kuscheln Sie vor allem mit Ihrem Baby mit viel Hautkontakt!

Ernährung bei verunreinigter Milch

Ein übermäßiges Erbrechen des Babys kann auf eine Dosha-Störung der Muttermilch hinweisen. Übermäßiger Milchschorf, trockene oder gerötete Babyhaut kann mit einer Ernährungsberatung der stillenden Frau behoben werden! Es gibt einige milchreinigende ayurvedische Kräuter und Gewürze, die aber nur nach Absprache mit einem Ayurveda-Experten eingenommen werden sollten.

Das Ende der Stillzeit

Im Ayurveda wird eine Stillzeit von 6 Monaten empfohlen. Mit Beginn des Zahnens darf auch Beikost eingeführt werden. Das Ende der Stillzeit wird meist vom Kind selbst bestimmt. Aber auch hier gibt es die Empfehlung, das Stillen nach 12 Monaten zu beenden.
Eine stillende Frau braucht eine Menge Unterstützung und Zuwendung. Je größer die Unterstützung durch Familie und Partner, desto unproblematischer und länger verläuft die Stillzeit. Eine kompetente Fachberatung durch eine liebevolle und erfahrene Hebamme ist ebenso wichtig!


Heft 16 – Yoga und Ayurveda

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