Während man bei uns Ayurveda gerne mit wohltuenden Anwendungen in Verbindung bringt, ist diese Gesundheitslehre in Indien eine umfangreiche, medizinische Wissenschaft, deren acht Fachrichtungen an zahlreichen Colleges und Universitäten unterrichtet werden. Neben den beiden größten Fachgebieten Innere Medizin und Chirurgie werden bereits in den alten Texten Charak und Sushrut Samhita der Frauen– und Kinderheilkunde große Aufmerksamkeit gewidmet. In dem nachfolgenden Artikel sollen allgemeine Tipps speziell für Frauen im Wochenbett beschrieben werden.

Die Geburt – ein Kraftakt für den Körper

Nach der Geburt steht natürlich erst einmal der neue Erdenbürger im Mittelpunkt. Während die indische Babymassage bereits vor Jahren erfolgreich Einzug auf europäischen Wickeltischen gehalten hat, sind die im Ayurveda beheimateten Aufbauprogramme für Wöchnerinnen hierzulande immer noch relativ unbekannt. Westliche Verwöhnprogramme beschränken sich meist nur auf einen Blumenstrauß, ein bisschen Beckenbodengymnastik und ein Pfund Milchbildungstee. Im Ayurveda steht aber auch die Wöchnerin im Mittelpunkt. Die Geburt hat viel Energie gekostet, das Vata-Dosha ist kräftig aus dem Gleichgewicht geraten und nicht zuletzt muss auch der Hormonzyklus zu seinen alten Bahnen wieder zurückfinden.

Viele hilfreiche Tipps gibt uns der Ayurveda, um der jungen Mutter nach der Schwangerschaft wieder zu Kraft und Vitalität zu verhelfen. Es werden körperliche Disharmonien reguliert, Milch- und Lymphfluss angeregt, Wochenbettdepressionen gelindert und der Stoffwechsel kräftig aktiviert, um den neuen Anforderungen gewachsen zu sein. Derartige Praktiken werden in weiten Teilen Indiens immer noch angewandt, besonders in den ländlichen Regionen. Die Frau wird dabei im Wochenbett von weiblichen Familienmitgliedern oder von Hebammen, den sogenannten „Dais“ verwöhnt.

Besonders wichtig: Innerhalb der ersten Woche werden Mutter und Kind nicht getrennt und von anderen Menschen, mit Ausnahme der Hebamme und weiteren Pflegepersonen, isoliert. Physikalische Anstrengung, viel und lautes Reden ist untersagt. Die Mutter soll sich in jeder Hinsicht schonen und nur verwöhnt werden.

Das Vata beruhigen

Innerhalb der ersten zehn Tage kommen in erster Linie Vata-reduzierende Maßnahmen zum Einsatz, um das durch den gesamten Geburtsvorgang stark aus dem Gleichgewicht geratene Vata wieder zu harmonisieren. Hierbei sind warme Ölmassagen äußerst hilfreich und ein regelmäßiger Tagesablauf. Achten Sie auf regelmäßige warme Mahlzeiten und viel warme Getränke. Sie sollten sich ein regelrechtes „Verwöhn-Ritual“ zurechtlegen. Dazu gehören schöne Musik, ein entspannendes Buch, Aromaöle, und eine Umgebung, in der Sie sich rundum wohlfühlen. Auch für den durch die Geburt kräftig durcheinander geschüttelten Hormonhaushalt sind diese Maßnahmen äußerst hilfreich.

Kräuter-Therapie

Wichtig sind stärkende, beruhigende und entspannende Kräuterpräparate. Shatavari (wilder Spargel) ist eine der bedeutendsten ayurvedischen Pflanzen für die Frau, die regulierend auf alle weiblichen Organe wirkt. Ein stärkendes Kraut ist Bala, das in Indien äußerst beliebt ist – man findet es quasi in jedem Haushalt. Auch spezielle Milchbildungstees sind zu empfehlen. Spezielle Massagen mit Kräuterölen helfen, den gesamten Oragnismus wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Sie unterstützen die Milchbildung oder helfen, die gedehnten Muskeln, Sehnen und Bänder wieder zu straffen.

Nicht zuletzt sollten regelmäßige Körperübungen wie z.B. Yoga praktiziert werden. Diese helfen, den Körper wieder in seine alten Strukturen zurückzuführen. Sie geben auch Energie und harmonisieren den Hormonhaushalt. Auch werden Bindegewebe, Sehnen und Muskeln wieder gekräftigt, die Durchblutung gestärkt und die Lymphdrainnage gefördert.

Es ist sicher kein Luxus sich nach der Geburt einem mehrwöchigen Gesundheitsprogramm zu unterziehen. Viele im Ayurveda ausgebildete Masseure und Therapeuten helfen ihnen dabei gerne weiter. Sie stellen ihnen ein solches Programm individuell für ihr Konstitution und Lebensumstände zusammen, bestehend aus:

  • täglichen Massagen mit verschiedenen Substanzen (Ölen, Pasten, Kräuterpulvern)
  • medizinischen Bäder, Inhalationen, Körperpackungen
  • spezieller Ernährung
  • Yogaübungen und Entspannungstraining

Detaillierte Information mit praktischen Tipps und speziellen Rezepturen für Massageöle erhalten Sie im Abschnitt „Glückliche Mütter – frohe Babys“ im Buch „Babymassage“ von Christina Voormann und Dr. med. Govin Dandekar (GU Verlag, ISBN 3-7742-2330-0, )


Heft 01 – Forschung und Lehre für ganzheitliche Gesundheit

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