Der Artikel beleuchtet die Zusammenhänge zwischen den Zähnen und allen Strukturen der Mundhöhle, den Organen und dem gesamten Körper aus der Sicht des Ayurveda und der Mundakupunktur. Im Anschluß werden Empfehlungen gegeben, wie letztendlich die Gesamtgesundheit beeinflusst und verbessert werden kann. Der Autor hält Vorträge und gibt Seminare über diese Inhalte, speziell über Ayurveda.

Es gibt nur wenige Patienten, die gerne zum Zahnarzt gehen, für viele ist eine zahnärztliche Behandlung mit Ängsten und Schmerzen verbunden, einfach eine sehr unangenehme Angelegenheit. Altbundeskanzler Helmut Schmidt z.B. sagte einmal dazu nach seinem letzten Herzinfarkt: „Es war nicht so schlimm wie Zahnarzt.“

Was kann nun der Ayurveda bieten, um die Gesundheit der Zähne ein Leben lang zu bewahren und uns vor Leid und Schmerzen zu schützen? Um die Möglichkeiten des Ayurveda zu verstehen, ist es nötig, sich erst einmal ein grundlegendes Verständnis der Zusammenhänge zwischen Zähnen und gesamtem Organismus zu verschaffen.

Wir leben im westlichen Kulturkreis, der entscheidend geprägt ist vom analytischen Denken, d.h. von der linken Gehirnhälfte. Die enorme Stärke unserer Wissenschaft ist es, alles bis ins kleinste Detail analysieren zu können, also in Einzelteile zu zerlegen und zu zerschneiden. Und das ist gleichzeitig auch die größte Schwäche der Wissenschaft. Diese Einzelteile werden isoliert betrachtet, die Handlungen, die aus den Erkenntnissen dieser Einzelteile erfolgen, sind mehr oder weniger nur auf diese Einzelteile bezogen, nicht auf die Ganzheit des Lebens.

Behandlung durch die moderne Medizin

Ein Beispiel ist unsere moderne Medizin. Während meiner Ausbildung hörte ich einen Professor der inneren Medizin: „Wir behandeln die Krankheiten mit Pharmaka und können damit erfolgreich heilen. Allerdings haben wir auch Nebenwirkungen durch die Medikamente, dadurch kommt es irgendwann zu einer neuen Krankheit, die wir wieder mit unseren Pharmaka behandeln und immer so weiter … aber wir haben eben nichts anderes.“ Hier fehlt die ganzheitliche Sichtweise des Lebens. Krankheit, Zahnverlust, Schmerzen und Leiden im Leben des Einzelnen und der Gesellschaft sind normal aber nicht natürlich!!!

Ayurveda sieht den Menschen in seiner Ganzheit

Der Mensch ist ein Teil des gesamten Universums und seine Beziehung zum Kosmos ist wie die einer Zelle zum ganzen Organismus. Nichts existiert in Isolation.

Die ganzheitliche Zahnheilkunde sieht die Zähne in einer wechselseitigen Beziehung zum gesamten Organismus, zu jedem einzelnen Organ, zu jeder einzelnen Zelle. Jede Veränderung in der Funktionsweise einer Zelle oder eines Organs hat eine Wirkung auf die Zähne und umgekehrt. Der Ayurveda geht noch weiter und sieht die Beziehung der einzelnen Organe und Zähne zum gesamten Universum mit Hilfe von Jyotish, der vedischen Astrologie. Hippokrates, der Vater der abendländischen Heilkunde, sagte einmal dazu: „Wer als Heilkundiger tätig ist, ohne die Sterne zu beachten, ist ein Narr!“ Eine Karies an einem Zahn kann also nicht als ein isoliertes Geschehen betrachtet werden.

Ein Zahn, der ständig von Milliarden von Bakterien umgeben ist, ist im Grunde unbesiegbar, aber nur solange der Gesamtorganismus im vollständigen Gleichgewicht und die Beziehung zum kosmischen Körper völlig harmonisch ist. Mit Ayurveda gesprochen: solange die drei Doshas Vata, Pitta, Kapha ausgewogen arbeiten, die Srotas (Körperkanäle) nicht blockiert sind und Ojas vollständig vorhanden ist. Aus der Sicht der Mundakupunktur: solange die Energie in den Meridianen ungehindert fließen kann.

Was ist eigentlich Ojas?

Ojas

  • steuert das Wechselspiel der drei Doshas Vata, Pitta und Kapha
  • verbindet die transzendente Energie des kosmischen Körpers mit dem individuellen Körper des einzelnen Menschen
  • ist die feinste Essenz der Nahrung d.h. wenn alle Verdauungs- und Stoffwechselvorgänge optimal funktionieren, entsteht als Endprodukt Ojas
  • ernährt alle Gewebe und somit den ganzen Organismus
  • erhält Gesundheit, geordnete Funktionsweise, Immunstärke, Reinheit, Aus­geglichenheit

Ganz praktisch gesehen:

Wenn wir uns rundum wohlfühlen, voller Kraft und wunderbarer Ausstrahlung sind, wenn Geist und Körper vor Gesundheit, Glücklichsein, Positivität, Ausgeglichenheit und Harmonie im Übermaß ausstrahlen, nichts uns irgendetwas anhaben kann – dann haben wir sehr viel Ojas.

Es gibt bestimmte Nahrungsmittel, wie z.B. Milch, Sahne, Reis, gelber Mungdal, Weizen/Dinkel, süße Früchte, Gemüse, Mandeln, die Ojas fördern, andere, die Ojas schädigen, z.B. Alkohol, Fleisch, Fisch, Zwiebeln, Knoblauch, Tabak. Alle positiven Charaktereigenschaften, Werte und Tugenden und besonders die Liebe des Herzens stärken Ojas, negative Gedanken und Emotionen wie Zorn, Neid, Unehrlichkeit schwächen unser Ojas.

Zähne und Organe stehen in Verbindung

Dr. Gleditsch, ein Zahnarzt und HNO-Arzt, hatte während seiner Assistenzzeit eine interessante Entdeckung gemacht. Er hatte einem Patienten eine Betäubungsspritze an einem Zahn gegeben und hatte ihn dann ins Wartezimmer geschickt. Als er diesen dann nach einiger Zeit wieder ins Behandlungszimmer kommen ließ, sagte dieser erstaunt: „Herr Doktor, was haben sie denn mit mir gemacht? Ich merke mein Knie gar nicht mehr, ich kann plötzlich wieder richtig laufen.“  Dr.Gleditsch sagte dem Patienten, er habe ihm ja nur eine Spritze gegeben, er könnte sich das auch nicht erklären und holte seinen Professor, der daraufhin nur sagte: „Vergessen sie das, der Mann ist ein Hypochonder.“

Aber Dr. Gleditsch ließ das nicht auf sich beruhen und forschte zehn Jahre lang. Er fand heraus, dass an jedem Zahn Akupunkturpunkte liegen, über die alle Organe und der ganze Körper wechselseitig mit den Zähnen energetisch verbunden sind. Ein weiteres Beispiel mag diese Zusammenhänge verdeutlichen: Ein Patient lässt den unteren ersten großen Mahlzahn für eine Überkronung beschleifen. Nach der Behandlung hat der Patient immer wieder starke Schmerzen an dem Zahn. Die normale Vorgehensweise ist es, dann eine Wurzelbehandlung durchzuführen. Wenn diese nicht erfolgreich ist, wird der Zahn gezogen. Hat der Behandler jedoch Kenntnisse der Mundakupunktur oder der drei Doshas, so wird er den Patienten fragen, ob er Probleme mit dem Dickdarm hat. Wenn der Patient dann sagt, er habe seit einigen Tagen Durchfall, erkennt der Arzt die Zusammenhänge unmittelbar.

Der erste große Mahlzahn des Unterkiefers liegt auf dem Dickdarmmeridian, der Dickdarm ist der Hauptsitz des Vata-Doshas. Indem er diesen Meridian oder das Dosha behandelt, können die Zahnschmerzen verschwinden und im schlimmsten Fall ein Zahnverlust vermieden werden. An den Zähnen, Zunge, Schleimhaut, Speichel, in der ganzen Mundhöhle spiegelt sich der Zustand des ganzen Körpers wieder. Allein mit Hilfe der Zungendiagnose kann ich täglich sehen, dass fast alle Menschen Belastungen im Dickdarm haben – das Vata-Dosha ist gestört, ein typisches Zeichen unserer Zeit. Stress, schlechte Ernährung und ein geschwächtes Verdauungsfeuer z.B. sind Faktoren, die Vata aus dem Gleichgewicht bringen. Die geordnete Funktionsweise der drei Doshas und damit die Stärke des Organismus wird aufrechterhalten, wenn Ojas im Körper vollständig vorhanden ist und fließt. Ein Zahn kann dann nicht erkranken. Alle Maßnahmen des Ayurveda zielen letztendlich darauf ab, möglichst viel Ojas zu haben, dann bleibt vollständige Gesundheit und Glückseligkeit aufrechterhalten. Um das zu erreichen, bietet der Ayurveda verschiedene Ansätze.

Ich habe jetzt ein paar wesentliche Zusammenhänge für eine ganzheitliche Zahngesundheit dargestellt. Was können Sie nun tun, um diese aufrechtzuerhalten?
Versuchen Sie, die verschiedenen Ansätze des Ayurveda in ihr Leben einzubeziehen. Beschäftigen Sie sich zuerst mit dem Ansatz, der ihnen am meisten zusagt. Dabei ist von großer Wichtigkeit: der Ayurveda empfiehlt eine allmähliche, keine plötzliche Umstellung der Lebensweise. Machen Sie einen Anfang mit einer oder mehreren Empfehlungen, die ich im Folgenden gebe. In meiner Zahnarztpraxis kommen Therapien und Materialien zur Anwendung, welche die dargestellten ganzheitlichen Aspekte mit einbeziehen.

Praktische Empfehlungen

Zu Gandusha heißt es in der ­Charaka-Samhita

Die Durchführung des Ölgurgelns stärkt die Kieferknochen und die Stimme, entwickelt das Gesicht und maximalen Geschmack der Nahrung … Zähne bekommen keine Karies und werden fest verwurzelt. Es gibt keine Zahnschmerzen noch Sensibilitäten, die Zähne können selbst die härteste Nahrung kauen.

Die richtige Durchführung

Das Sesamöl sollte vorher gereift werden wie Öl für die Massagen (1x auf 110 Grad Celsius langsam erhitzen). Mittlerweile sind Mundöle auch fertig zum Gebrauch bei klassischen Ayurveda-Anbietern erhältlich.

Nehmen Sie zuerst etwas warmes Wasser. Gurgeln und spülen Sie mindestens 1 Minute damit. Danach gurgeln und spülen sie mit dem Öl für 2 – 3 Minuten, das sie vorher in einem Wasserbad in etwa auf Körpertemperatur erwärmt haben. Ziehen sie das Öl dabei kräftig durch die Zahnzwischenräume. Wenn sie länger gurgeln und spülen wollen, nehmen sie neues Öl. In dem Öl konzentrieren sich Toxine und Ama (Schlacken) aus den Schleimhäuten, die sonst wieder zurückdiffundieren würden.

Durch Gandusha werden über die Schleimhäute Toxine und Schlacken aus dem ganzen Organismus ausgeschieden – eine sehr wirkungsvolle Entgiftungsmaßnahme als Vorbeugung und bei der Behandlung fast jeder Erkrankung! Die entzündungshemmende Wirkung für das Zahnfleisch durch Anwendung von Ölen ist an der Kieler Zahnklinik durch eine wissenschaftliche Studie nachgewiesen worden.

Im besten Fall haben Sie einen Zahnarzt, der über seine schulmedizinische Ausbildung hinaus eine Ausbildung in Ayurveda-Medizin absolviert hat und Sie demzufolge ganzheitlich behandeln und beraten kann.


Heft 15 – Nahrung für den Geist

Verschiedene Nahrungsmittel – verschiedene Eigenschaften. Wie bestimmte Lebensmittel unser Gedanken und Gefühle positiv beeinflusst lesen Sie im Ayurveda Journal 15.