Ein großer Teil der Bevölkerung ist mit einer chronischen Entzündung belastet. Auf Dauer kann es dadurch zu tiefgreifenden Veränderungen des Organismus kommen, die sich meist wenig oder gar nicht unmittelbar bemerkbar machen. Selbst von Ärzten wird der Zusammenhang zwischen der chronischen Entzündung, die von den Zähnen und dem Zahnfleisch ausgeht, und einer schweren Erkrankung in der Regel nicht erkannt.

„Vermeide die Gefahr, bevor sie entstanden ist!“ Das ist ein wesentliches Thema des Ayurveda in diesem Zusammenhang, nämlich die Vorbeugung gegenüber Krankheiten und schleichender Degeneration.

Was Entzündungen begünstigt

Ein schwülwarmer Sommertag – es war vor vielen Jahren während meines Studiums, die leitende Zahnärztin kam in den Behandlungsraum und sagte: “Das ist wieder typisches Abszess­wetter, da werden die Patienten kommen.“ Die meisten Studenten dachten, was hat dieses Wetter mit den Zähnen und mit Abszessen zu tun? Aber die Zahnärztin hatte tatsächlich recht, es kamen mehr Patienten mit Entzündungen, dicken Backen und entsprechenden Beschwer­den.

Der Ayurveda sieht die Beziehung des Menschen zum Kosmos wie die einer Zelle zum gesamten Körper. Die Doshas* Vata, Pitta und Kapha, die in Geist und Körper wirken, sind dieselben, die auch das ganze Universum steuern und natürlich auch unser Wetter. Alles ist ein zusammenhängendes Ganzes. Es ist interessanterweise zu beobachten, dass Abszesse, Entzündungen und Eiterungen beson­ders im Frühjahr und Sommer (Kapha- und Pittazeit des Jahres) auftreten.

Albert Einstein, der Begründer der Relati­vi­tätstheorie, sagte einmal dazu: „Wir erfahren uns alle in Raum und Zeit als getrennt von allem anderen, aber das ist einfach eine optische Täuschung unseres Bewusstseins.“ Ebenso beschreiben es die Veden im 10. Mandala des Rig-Veda: „ … wisset, dass euer Geist mit allen anderen zusammenwirkt ebenso wie die Impulse der kreativen Intelligenz am Anfang, nahe der Quelle, miteinander vereinigt bleiben.“

Im Frühjahr kommt es zu Ama*-Problemen, da sich das Kapha Dosha über den Winter vermehrt angesammelt hat und sich nun bei zunehmender Sonneneinstrahlung zu lösen beginnt. Das äus­sert sich in vermehrtem Schleim, Erkältungen, Infekten, Heuschnupfen etc. Im Sommer nimmt Pitta Dosha zu.n Mehr Wärme bietet den Bakterien bessere Wachstumsbedingungen.

Eine Entzün­dung kann entstehen, wenn sich vermehrt Un­verdautes (Ama) angesammelt hat, eine Ver­schleimung des Organismus, eine Zunahme von Kapha, vorhanden ist. Stoffwechselprodukte, Schlacken können nicht mehr richtig entsorgt werden; es kommt zu einer Übersäuerung (Pitta-Vermehrung). Eine Entzündung ist mit einer Zunahme von Wärme (dem Feuerelement von Pitta) verbunden. Ursächlich können alle drei Doshas an einer Entzündung beteiligt sein. Je mehr Ama* vorhanden ist, je mehr die Doshas Kapha und Pitta zunehmen, je weniger Ojas* vorhanden ist, desto eher kann es zu einer Entzündung und Schwellung kommen. Eine Störung des Blutes (Rakta Dhatu) ist meist ur­sächlich damit verbunden. Im Verlauf einer Entzündung kann es zur Bildung von Eiter kom­men, ein irreversibles Endstadium einer Ent­zündung, das mit einer Einschmelzung von Gewebe einhergeht. Der Körper hat Schwierig­keiten, den Eiter abzubauen. Es kann zur Bildung einer Fistel kommen, ein Ausleitungsgang an die Körperoberfläche, über den der Organismus versucht, den Eiter zu entleeren.

Gesundheitliche Gefahren durch chronische Paro­don­titis?

In diesem Rahmen möchte ich auf eine sehr wichtige chronische Form der Entzündung eingehen, die etwa 70 % aller Bundesbürger betrifft: die chronische Parodontitis, die be­sonders das Zahnfleisch betrifft. Hierbei sam­meln sich Bakterien in dem Spalt zwischen Zahnfleisch und Zahn. Die Ansammlung von Bakterien hängt zusammen mit einer Zunahme von Ama*, einer Abnahme von Ojas* und einem vermehrten Ungleichgewicht der Doshas*.

Meistens haben die Patienten keine Schmerzen und bemerken davon wenig bis gar nichts. Die Bakterien können sich im Laufe der Zeit in die Tiefe vorarbeiten. Dabei kommt es zu einer Auseinandersetzung mit den Abwehrzellen, wobei der Zahnhalteapparat – die Fasern, die den Zahn im Knochen festhalten – zerstört werden kann. Knochen und Zahnfleisch werden abgebaut.

Ich hatte schon des öfteren Patienten, die morgens plötzlich mit dem Zahn in der Hand in der Praxis standen und sagten: „Herr Doktor, es hat überhaupt nicht wehgetan.“ Das ist dann das Endstadium einer chronischen Zahnfleisch­entzündung. Die typischen Entzündungs­symp­tome sind hier meist nur unterschwellig vor­handen im Gegensatz zur akuten Entzündung. Im Verlauf dieser stillen Entzündung können Bakterien ihre Toxine in die Blutgefäße geben oder schlimmstenfalls selbst in die Blutbahn gelangen. Von hier aus haben sie die Möglichkeit, in andere Organe zu kommen und dort Ver­änderungen der Gefäßwände zu verursachen. Das führt dazu, dass diese Organe nicht mehr richtig durchblutet werden, also nur noch eingeschränkt funktionieren oder im schlimm­sten Fall ein Gefäßverschluss entsteht. Auf diese Art und Weise kann ein Herzinfarkt oder ein Schlaganfall zustande kommen. Diese Zu­sammenhänge sind erst in den letzten Jahren wissenschaftlich dokumentiert worden.

Ein weiteres Beispiel für chronische Ent­zün­dun­gen sind sogenannte „tote“ Zähne mit Herd­wirkung. Es würde zu weit führen, auf die vielen verschiedenartigen Entzündungen ein­zugehen. Entscheidend ist: Was kann ich tun, um die Ent­stehung einer Entzündung zu vermeiden? Welche unterstützenden Möglich­keiten bietet der Ayurveda, wenn die Entzündung bereits da ist?

Ayurvedische Prophylaxe und Therapie

Prophylaxe und Therapie sind: Ama* reduzieren, Ojas* fördern, Doshas* ausgleichen. Da eine Entzündung mit einer Zunahme von Pitta ein­hergeht, ist z.B. Kühlung in der Regel mildernd. Die therapeutischen Maßnahmen sollten zuerst die gestörten Doshas, dann die Doshas der Jahreszeiten und zuletzt die individuelle Konstitution beachten. Die systematische Be­handlung der chronischen Parodontitis kann nur von einem Zahnarzt durchgeführt werden. Alle ayurvedischen Maßnahmen sind begleitend und unterstützend.

In der Charaka Samhita heißt es: „Patienten mit einer Schwellung sollten folgendes meiden: Fleisch von Haustieren, Tieren, die im oder auf dem Wasser leben und im Sumpf, die schwach sind, getrocknetes Gemüse, neues Getreide, grobe Zubereitungen, Zubereitungen mit feinem Mehl, Quark, Sesamzubereitungen, schleimige Substanzen, Wein, saure Substanzen, geröstete Gerste etc., getrocknetes Fleisch, Nahrung, die aus Gesundem und Ungesundem gemischt ist, schwere, ungeeignete und brennende Nahrung, tagsüber schlafen und Geschlechtsverkehr.

Ernährungs- und Verhaltensmaßnahmen

Die meisten gesundheitlichen Probleme kann man sehr günstig beeinflussen, wenn man die Tagesroutine beachtet, die Ernährung ent­sprechend umstellt und Kräuterpräparate anwendet. Hippokrates, der Vater der abend­ländischen Heilkunde, sagte dazu: „Eure Nah­rungs­mittel sollten eure Heilmittel sein und eure Heilmittel eure Nahrungsmittel.“

Eine sehr wichtige Zeitspanne im Laufe der Jahreszeiten ist die Zeit von Aschermittwoch bis Ostern. In der christlichen Tradition gilt dies als Fastenzeit, in der man auf Süßigkeiten und Fleisch verzichtet. Beides vermehrt bekanntlich Kapha und damit Ama*. Das Wissen, dass in dieser Zeit besondere Naturgesetze lebendig sind, die die Entschlackung von Geist und Körper unterstützen wie zu keiner anderen Jahreszeit, stammt ursprünglich aus der germanischen Tradition.
Jeder Wechsel der Jahreszeiten bringt die Doshas aus dem Gleichgewicht. Ausgleichende, aus­leitende und Ama* reduzierende Maßnahmen wie Fasten- und Flüssigkeitstage nach ayur­vedischen Regeln sind also gerade in dieser Zeit sinnvoll.

Ayurvedische Mittel für Prophylaxe und Therapie

  • Weihrauch (Shalaki) – entzündungshemmend
  • Indische Myrrhe (Guggulu), Bio-Triphala
  • Guggulu – reinigend und enztzündungshemmend
  • Amalaki – gleicht alle 3 Doshas aus, speziell Pitta = Entsäuerung! Blutreinigend
  • Triphala – gleicht alle 3 Doshas aus = Darmreinigung und Unterstützung des nach unten gerichteten Energieflusses (Apana Vata)
  • Neem – blutreinigend, entzündungshemmend, antibakteriell, -mykotisch, -viral
  • Neem-Tinktur – entzündungshemmend (verdünnt zur Mundspülung)
  • Ayurvedisches Minzöl – ein Erste-Hilfe-Mittel, um Ama* zu reduzieren, die Körperkanäle und Stoffwechselwege (Srotas) zu öffnen.
  • Kapha und Pitta Produkte
  • Ausgleich der Doshas über die 6 Ge­schmacks­richtungen (Rasas): süß, sauer, salzig, scharf, bitter, zusammenziehend

Aloe Vera

Für die Reinigung und Förderung der Gesundheit der Zähne und des gesamten Mundes gibt es spezielle Aloe Vera Produkte.
Eine bedeutende Stellung in der Prophylaxe und Therapie nimmt für mich die Aloe Vera ein. Bisher konnten in der Aloe über 450 Wirkstoffe nachgewiesen werden. Aufgrund dieser Vielfalt sind die therapeutischen Möglichkeiten der Aloe von kaum einer anderen Heilpflanze zu über­bieten.

Die Wirkungen

alle Doshas ausgleichend, besonders Kapha und Pitta, öffnet die Körper­kanäle, wundheilend, beschleunigte Bildung neuer Hautzellen, entzündungshemmend, schmerzstillend, blutstillend, herzstimulierend, antibakteriell und antimikrobiell (Bakterien, Mikroben vernichtend), antiviral (Viren ver­nichtend), antimykotisch (Pilze vernichtend), feuchtigkeitsspendend auf der Haut, Blutgefäße erweiternd, Sehkraft und Immunabwehr stär­kend, Blutzuckerspiegel regulierend, blut­rei­nigend, menstruationsfördernd (nicht in der Schwangerschaft, da abortiv), wassertreibend, Darm reinigend, Regulierung der Darmtätigkeit, wirksam gegen Verstopfung, Leber- und Milz­tonikum, entgiftend, verjüngend, entsäuernd, heilungsfördernd bei Verbrennungen, Sonnen­brand und Strahlenschäden, Verbesserung des allgemeinen Wohlbefindens.

Von den vielen Wirkstoffen der Aloe wird eine Substanz besonders geschätzt: Acemannan, ein Kohlenhydrat aus der Gruppe der Muco­polysaccharide. Kohlenhydrate zählen zu den Hauptnährstoffen des Menschen und werden für alle Stoffwechselvorgänge benötigt. Bis zur Pubertät produziert der menschliche Körper Acemannan selbst, in späteren Jahren kann es nur über die Nahrung aufgenommen werden. Diese wichtige Substanz ist reichlich in der Aloe enthalten. Acemannan kommt auch in anderen exotischen Heilpflanzen wie z.B. Ginseng vor.

Acemannan bewirkt, dass die Aloe Vera che­mische Gifte, denen wir täglich ausgesetzt sind sowie alle Schlacken im Darm entsorgt. Durch­schnittlich hat jeder von uns 300 – 400 chemische Substanzen im Körper, die nicht dorthin gehören. Wenn der Darm gut gereinigt wird, können alle Vitamine, Spurenelemente und sonstigen Nährstoffe optimal über die Darmwand aufge­nommen werden. Wenn durch Candida-Pilze Toxine, vor allem das Nervengift Acetaldehyd, produziert werden, ist Acemannan ebenfalls imstande, diese schädlichen Stoffe zu binden und zu entsorgen. Durch regelmäßige Einnahme von Aloe Vera wird das saure Darmmilieu basisch und somit dem Pilz die Lebensgrundlage ent­zogen. Von der Darmreinigung profitiert das Immunsystem enorm, denn 80 % der Immun­zellen sitzen in der Darmwand.

Die Aloe Vera Kur

Die Aloe Vera Kur verbessert die gesamte Ge­sundheit und das allgemeine Wohlbefinden. Als Aloe Vera Kur bezeichnet man die Einnahme von 100 ml Aloe Vera Trinkgel pro Tag über einen Zeitraum von 3 Monaten. Es werden 50 ml mor­gens auf nüchternen Magen und 50 ml abends vor dem Schlafengehen genommen. Wird die Aloe Vera Kur das erste Mal durchgeführt, sollte man folgendes beachten: Da wir mit der Kur einen intensiven Entgiftungsprozess einleiten, sollte nicht sofort mit 100 ml pro Tag begonnen werden, sonst könnte die Reaktion zu heftig und unangenehm sein. Die erste Kur baut sich sinnvollerweise folgendermaßen auf:

Die ersten drei Tage 25 ml morgens (2 Esslöffel). Wenn diese Dosis gut vertragen wird, neh­men wir am 4., 5. und 6. Tag 25 ml morgens und 25 ml abends. Bei weiterer guter Verträglichkeit: am 7., 8. und 9. Tag 50 ml morgens und 25 ml abends. Ab dem 10. Tag geht man auf die Kurdosis von 50 ml morgens und 50 ml abends. Wenn man sich nicht gut fühlt, immer die Dosis verringern und die Kur besser in Zusam­menarbeit mit einem Therapeuten durch­führen.

Wichtig: Grundsätzlich sollte man Entzündungen nicht allein behandeln, sondern immer einen erfah­renen Therapeuten zu Rate ziehen. Damit es nicht erst soweit kommt, empfiehlt der Ayurveda unter anderem die regelmäßige Ein­nahme von Rasayanas und andere vorbeugende Maßnahmen. Vorbeugen ist besser als Heilen. Treffend hat Eugen Roth es einmal formuliert: „Damit es nicht erst kommt zum Knaxe, erfand der Mensch die Prophylaxe, doch lieber beugt der Mensch, der Tor, sich vor der Krankheit als ihr vor.“