Ayurvedisch essen? Viele Menschen denken dabei gleich an indische Gewürze. Dabei geht es neben einer typgerechten Ernährung und Lebensweise sehr stark um Grundprinzipien beim Essen, unabhängig davon, ob wir ein italienisches Pasta-Gericht, ein Curry oder ein französisches Menü essen.

Die folgenden zehn praktischen Tipps entsprechen den Grundzügen einer ayurvedischen, gesunden Ernährung. Sie unterstützen uns, unseren Energiehaushalt zu optimieren, unser Verdauungsfeuer (Agni) zu stärken sowie unser Essen mehr zu genießen. Sie sind daher ideal als Richtschnur für Berufstätige geeignet, denn gerade im hektischen, Vata-geprägten Berufsalltag ist unser Agni stark gefordert.

  1. Nur essen, wenn wir Hunger haben und die vorherige Mahlzeit verdaut ist. Der Hunger ist ein gutes Signal dafür, dass unser Stoffwechsel, unser Agni funktioniert. Leider verlernen wir mit der Zeit darauf zu hören. Eine Mahlzeit sollte komplett im Magen verarbeitet sein, bevor Sie etwas „Neues“ essen. Denn ansonsten mischen sich verdaute und unverdaute Nahrung. Der gesamte Brei wird wieder von vorne verdaut. Das kostet Energie und macht uns träge. Was bedeutet das im Berufsalltag?
  2. Frühstücken Sie nur, wenn Sie wirklich Hunger haben. Alternativ können Sie einen Tee oder ein Ingwerwasser trinken. Wenn Sie noch nicht hungrig sind, nehmen Sie sich ein Stück Obst mit, welches Sie beim ersten Hunger vormittags essen können.
  3. Trinken Sie im Tagesverlauf zwischen den Mahlzeiten und gerade am Vormittag viel Wasser möglichst ohne Kohlensäure. Minimum sind 1,5 Liter pro Tag. Kaffee, Tee und Softdrinks zählen nicht dazu. Wasser ist nahezu an jeder chemischen Reaktion im Körper beteiligt und ist für den Energiestoffwechsel notwendig. Ausreichend Wasser vermindert auch Heißhungerattacken und es fördert die Konzentrationsfähigkeit.
  4. Trinken Sie direkt vor und nach den Mahlzeiten nichts mehr. Das „Glas Wasser vor dem Essen, um den Hunger zu stillen“ ist für die Verdauung nicht förderlich, da es die Verdauungssäfte und somit die Verdauungskraft schwächt.
  5. Essen Sie möglichst ein warmes Mittagessen. Ist keine Kantine vorhanden, ist eine Minimallösung eine warme Gemüsebrühe (bio, hefefrei, und ein Wasserkocher ist überall) zu einem Brot. Nehmen Sie sich ausreichend Zeit für die Mittagspause und essen Sie abseits vom Schreibtisch.
  6. Essen Sie in Ruhe und kauen Sie gründlich. Konzentrieren Sie sich auf Ihr Essen. Wie sieht es aus? Welche Farben hat es? So wird die Mittagspause zur Entspannung und Übung der Achtsamkeit. Eine entspannte Atmosphäre und gründliches Kauen machen es Ihrem Stoffwechsel leichter. Denn Unruhe, Stress und Arger blockieren die Verdauung und machen alles schwer verdaulich.
  7. Lassen Sie ein wenig Platz im Magen frei. Verzichten Sie auf Nachschlag. Unser Magen braucht etwas Platz und Luft zum Arbeiten und Verdauen. Achten Sie beim Essen darauf, wann Sie nicht mehr hungrig sind. Beachten Sie, dass ein Sättigungsgefühl erst nach 20 Minuten eintritt. Sitzen wir mit Kollegen oder Geschäftspartnern beim Essen, hören wir den anderen mehr zu und vergessen vielleicht, in uns hinein zuhören und leeren fast mechanisch den Teller. Beobachten Sie sich einmal und hören Sie auch einmal Ihrem Magen zu, wann er „genug“ sagt. Dieser Tipp ist einfach, aber dennoch schwer umzusetzen, erfordert er doch ein gutes „Bauchgefühl“. Probieren Sie es aus, Sie werden mit mehr Energie statt Nachmittagstief belohnt!
  8. Bleiben Sie nach dem Essen noch einen Moment sitzen, so dass die Verdauung in Ruhe anfangen kann.
  9. Für einige gehört der Kaffee nach dem Essen einfach dazu. Da Milch mit sauren und salzigen Lebensmitteln eine ungünstige/antagonistische Kombination ergibt, ersetzen Sie einen Cappuccino oder Latte Macchiato durch einen schwarzen Kaffee oder Espresso oder Tee.
  10. Reduzieren Sie „zwischendurch essen“ und Naschereien. Dies stört die Verdauung/Verbrennung der Hauptmahlzeiten. Wie beim ersten Tipp schwächt ständiges Naschen (hier mal ein Konferenzkeks, dort mal ein Konferenzkeks) die Verbrennung.

Ein ayurvedisches Prinzip besagt, dass wir Schritt für Schritt etwas ändern sollen, anstatt sehr viele Maßnahmen auf einmal umzustellen. Denn das würde wieder zu viel Stress bedeuten. In diesem Sinne suchen Sie sich einen Tipp aus, der Sie besonders anspricht. Fangen Sie mit diesem Tipp innerhalb der nächsten 72 Stunden an. Denn die ersten drei Tage sind entscheidend dafür, ob wir einen Vorsatz wirklich in die Tat umsetzen oder ob es bei einem Vorsatz bleibt.

Damit aus einer Umstellung eine nachhaltige Veränderung und eine neue Gewohnheit erfolgt, sollte die Tätigkeit für mindestens 21 Tage, im Idealfall jedoch 42 Tage, jeden Tag durchgeführt werden. Denn so lange dauert der gesamte Stoffwechsel aus ayurvedischer Sicht. So lange dauert es, bis unser Essen oder auch eine neue Gewohnheit in Fleisch und Blut übergegangen ist. Wichtig ist ebenfalls zu überlegen, warum Sie etwas ändern möchten. Vielleicht weil Sie mehr Energie haben möchten? Und zum Schluss dürfen Sie sich auch belohnen, wenn Sie durchgehalten haben. Was gönnen Sie sich am Ende – eine Massage, ein Kinobesuch oder ein Buch? Fangen Sie an! Ich wünsche Ihnen von Herzen viel Freude und Genuss dabei.


Heft 29 – Ernährung aus Sicht des Yoga

Das Journal über die Ernährung aus Sicht des Yogas – welche Lebensmittel für geistige Klarheit sorgen, wo die Unterschiede zur ayurvedischen Ernährungsphilosophie liegen und ihre Gründe.