Endlich mal wieder Zeit haben, bei sich selbst ankommen, innere Freiheit spüren: Danach sehnen sich viele Menschen im hektischen und fordernden Alltag. Retreats können uns genau das geben. Sie sind ein sicherer Hafen, den wir ansteuern können, wenn die Wogen des Lebens hoch schlagen und wir uns Ruhe, Erholung und innere Einkehr an einem sicheren, schönen Ort wünschen.

Was ist eigentlich ein Retreat?

Wenn das Thema für Sie neu ist, stellen Sie sich vielleicht die Frage: Was genau ist eigentlich ein Retreat? Das Wort „Retreat“ kommt aus dem Englischen und bedeutet so viel wie „Rückzug“. Meist ist damit eine Auszeit gemeint, in der man sich bewusst aus dem Alltag zurückzieht und sich spirituellen Themen und Praktiken widmet. Es ist eine Ruhepause, in der man sich selbst die Möglichkeit schenkt, sich mit den wichtigen Dingen des Lebens zu beschäftigen, die im Alltag häufig untergehen.

Wer hat schon Zeit und Muße, über den Sinn des Lebens zu kontemplieren oder die eigene innere Ausrichtung zu überdenken, wenn gerade die Waschmaschine den Geist aufgegeben hat, die Steuererklärung vom Vorjahr überfällig ist und die Kinder eine dicke Erkältung aus der Kita mitgebracht haben? Im Retreat können Sie solche dringende  „Probleme“ für eine gewisse Zeit hinter sich lassen und sich zentralen Fragen des Lebens widmen. Das können Fragen sein wie die folgenden:

  • Wer bin ich?
  • Wozu bin ich hier in diesem Leben?
  • Was ist für mich der Sinn des Lebens?
  • Was ist bisher gut gelaufen, was möchte ich ändern?
  • Wie möchte ich mich weiterentwickeln?

Ein Retreat gibt Ihnen den Raum, diese Fragen überhaupt einmal zu stellen. Und das wiederum eröffnet die Möglichkeit, dass sich Antworten zeigen.

Welche verschiedenen Arten von Retreats gibt es?

Retreat ist nicht gleich Retreat. Das wird schnell klar, wenn man die Augen nach interessanten Angeboten offenhält – sei es im Internet oder in Zeitschriften. Sie können an so unterschiedlichen Orten wie Seminarzentren, christlichen Klöstern, Yoga-Ashrams, spirituellen Gemeinschaften oder Urlaubsressorts stattfinden. Die heutzutage verbreitetsten Arten sind Meditations-Retreats und Yoga-Retreats.

Bei Meditations-Retreats geht es vor allem darum, die eigene Meditationspraxis zu vertiefen und eine inspirierende Zeit mit einem spirituellen Lehrer zu verbringen. Dadurch können sich Blockaden lösen, die Meditation kann eine neue Tiefe erlangen und man kann (vielleicht seit Langem das erste Mal) in den Zustand der Meditation mühelos hineinsinken, statt Meditation aktiv herstellen zu wollen.

In Yoga-Retreats kann man vollkommen ins yogische Leben eintauchen: Es gibt Asanas (Körperübungen) und Pranayama (Atemübungen), angeleitete oder stille Meditationen, Tiefenentspannungsübungen, körperliche Reinigungstechniken und gesunde, leckere Mahlzeiten.

Bei manchen Retreats (Schweige- oder Stille-Retreats) gönnt man sich eine Auszeit vom Kommunizieren. Für eine Weile nicht zu sprechen, ist eine echte Herausforderung, kann aber die Erfahrung des Retreats ungemein vertiefen.

Dass man das eigene Smartphone ausschaltet, ist bei allen Formen des Retreats mehr als erwünscht. Für manchen ist das der schwierigste Teil der Retreat-Praxis.

Wie läuft ein Retreat ab und welchen Nutzen hat es?

Der Tagesablauf im Retreat hängt von der Art des Retreats und auch von den Überzeugungen der Veranstalter ab. Einige Gemeinsamkeiten lassen sich aber bei den meisten Angeboten finden.

Bei Yoga- und Meditations-Retreats ist frühes Aufstehen oft Pflicht (oder wird zumindest angeraten). Der Morgen vor dem Frühstück wird meist für Meditationen oder Yogaübungen genutzt, denn diese Zeit gilt als besonders segensreich für die spirituelle Praxis. Yoga übt man am besten mit leerem Magen, sodass bei Yoga-Retreats oft ein späteres Frühstück bzw. ein Brunch angeboten wird.

Im Lauf des Tages kann je nach Art des Retreats viel freie Zeit zur eigenen Gestaltung zur Verfügung stehen. Es ist aber auch möglich, dass recht engmaschig Aktivitäten angeboten werden, wie z. B. Bewegung mit Yoga, angeleitete oder stille Meditationen, meditative Spaziergänge, gemeinsames Chanten (Singen spiritueller Lieder) und vieles mehr.

Nach dem Abendessen wird der Tag oft gemeinsam beendet, sei es mit einem Vortrag des spirituellen Lehrers, einer stillen Meditation, einer ruhigen Yin-Yogastunde, ekstatischem Chanten oder freiem Tanzen. Es folgt eine frühe Nachtruhe, mit der Tag abgeschlossen und integriert werden kann.

Der Tagesablauf im Retreat wird von den Veranstaltern mit viel Sorgfalt durchdacht, damit Sie als Teilnehmerin oder Teilnehmer sich nicht um Alltägliches kümmern müssen und möglichst viel Zeit und Raum für Meditation, Yoga & Co. haben. Dadurch kann vieles möglich werden:

  • Tiefe Entspannung stellt sich ein – körperlich und psychisch.
  • Lösungen für lange bestehende Probleme zeigen sich.
  • Die Antworten auf zentrale Lebensfragen tauchen auf.
  • Spirituelle Erfahrungen, die das Leben neu ausrichten können, manifestieren sich.

Wie bereitet man sich auf ein Retreat vor?

Wenn Sie vorhaben, sich Zeit für ein Retreat zu schenken, bereiten Sie sich am besten ein wenig darauf vor. Das betrifft vor allem praktische Erledigungen und zwischenmenschliche Beziehungen:

  • Fassen Sie den klaren Vorsatz, sich selbst mit dem Retreat etwas Gutes zu tun. Schenken Sie sich diese Zeit ganz bewusst und seien Sie dankbar für die Gelegenheit, auch wenn es vielleicht herausfordernd wird, nach innen zu schauen.
  • Schließen Sie laufende Projekte und To-dos – wenn möglich – vor dem Retreat ab, damit keine losen Enden zurückbleiben, über die Sie während des Rückzugs im Retreat ausgiebig nachgrübeln können. Falls Sie nicht alles abschließen können, notieren Sie sich den jeweiligen Stand des Projekts mit den nächsten Schritten, die Sie nach dem Retreat erledigen werden.
  • Geben Sie ihren Kollegen/Kunden, Familienmitgliedern und Freunden Bescheid, dass (und wann genau) Sie nicht erreichbar sein werden.
  • Erledigen Sie vor dem Retreat alles Notwendige in Haushalt und Familie, damit Sie für die Dauer des Retreats guten Gewissens „offline“ sein können. Wenn es notwendig ist, sprechen Sie ab, wer sich während Ihrer Abwesenheit um welche Dinge kümmert.
  • Vielleicht haben Sie gerade zwischenmenschliche Konflikte in der Familie oder im Freundeskreis: Streits, Meinungsverschiedenheiten, Animositäten. Solche Konflikte, auch wenn sie als Lappalien erscheinen, können sich im Rückzug des Retreats und in der Zeit der Innenschau zu Hürden entwickeln. Versuchen Sie daher möglichst, sich mit den Menschen, mit denen es gerade nicht so rund läuft, vor dem Retreat auszusprechen und das Kriegsbeil zu begraben. Natürlich ist das nicht immer möglich – irgendwas ist ja bekanntlich immer. Falls Konflikte bestehen bleiben, nehmen Sie die Tatsache an, dass Sie jetzt gerade (und während der Zeit des Retreats) daran nichts ändern können.
  • Versichern Sie Ihrem Partner, Ihren Kindern, Ihrer Familie, Ihren Freunden, dass Sie sie lieben, auch wenn Sie mal nicht vor Ort und erreichbar sind. Das kann Wunder wirken und die Situation entspannen.
  • Und ganz profan: Planen Sie Ihre An- und Abreise vor dem Retreat. Buchen Sie alle nötigen Tickets, damit Sie nicht während des Retreats überlegen müssen, welche Verbindung denn nun die beste wäre und wie Sie nun noch an einen Sparpreis bei der Bahn oder ein Last-Minute-Flugticket für den Rückweg kommen.

Diese Punkte zu beherzigen, sorgt für Entspannung und Vorfreude. Werden Sie aber nicht zu perfektionistisch. Es ist besser, alles mit Freude und Offenheit auf sich zukommen zu lassen, als akribisch zu versuchen, jede Kleinigkeit vorauszusehen und alle Punkte hundertprozentig abzuhaken.

Checkliste: Retreat – ja oder nein?

Nutzen Sie die folgende Checkliste, um zu prüfen, ob ein Retreat für Sie das Richtige ist:

  • Möchten Sie sich verändern, wachsen, das Leben bewusster wahrnehmen?
  • Haben Sie die Zeit und die Mittel, sich für mehrere Tage (vielleicht sogar eine oder zwei Wochen) aus dem Alltag auszuklinken?
  • Sind Sie offen für den Blick nach innen – auch auf die Gefahr hin, dass sich nicht nur angenehme, sondern eventuell auch schmerzhafte Dinge im Inneren zeigen, die aufgelöst oder losgelassen werden möchten?
  • Sind Sie willens, sich in eine Gemeinschaft von Menschen zu begeben, in der bestimmte Regeln existieren, die Ihrem normalen Tagesablauf und Ihren Gewohnheiten nicht unbedingt entsprechen?
  • Haben Sie Lust auf neue Erfahrungen und spannende Begegnungen im Innen und Außen?

Wenn Sie die meisten Fragen mit Ja beantworten können, ist ein Retreat für Ihren nächsten Urlaub vielleicht genau das Richtige. Trauen Sie sich – die meisten Teilnehmenden sind im Nachhinein mehr als froh, diesen Schritt gegangen zu sein.


Heft 60 – Mit Nahrungsergänzungen die Gesundheit stärken

Das Ayurveda Journal beschäftigt sich in dieser Ausgabe als Titelthema mit dem Schwerpunkt Nahrungsergänzungen im Ayurveda.