Das Herz gilt seit jeher in allen Kulturen als lebensspendendes Vitalorgan und gleichzeitig als Träger von Emotionen. Im Ayurveda stellt das Herz den Sitz der berühmten 8 Tropfen der Vitalessenz Ojas dar, die den Körper stärkt und wärmt, Krankheit verhindert und somit für die Dauer der Lebensspanne verantwortlich ist. Das Herz ist zudem Sitz des Bewusstseins, der Erkenntnis und geistiger Fähigkeiten und somit an der Entwicklung von spirituellen Werten und persönlichen Gefühlen beteiligt.

Physiologisch werden im klassischen Ayurveda am Herzen folgende Funktions­aspekte beschrieben:

  • Prana Vata: schafft eine Verbindung von Herz- und Atemtätigkeit.
  • Vyana Vata: ist für die bewegende Kraft des Herzens und die damit verbundene Blutzirkulation verantwortlich.
  • Sadhaka Pitta: ist weniger an der physischen Herzaktion beteiligt, gilt jedoch als Träger von Wissen und Gedächtnis und hat seinen Sitz im Herzen und dem Gehirn.
  • Avalambaka Kapha: nährt und schützt das Herz und lässt sich modern am ehesten mit der serösen Flüssigkeit zwischen Epi- und Pericard vergleichen; durch Avalambaka Kapha kann sich das Herz geschmeidig ausdehnen und zusammenziehen und somit seiner Saug- und Pumpfunktion nachkommen.
  • Rasa Vaha Srotas: das Herz ist der Ursprung der Nährsaft-transportierenden Körperkanäle und somit an der Versorgung aller Zellen mit Nährstoffen über das Blut beteiligt.

Hierzu verändern sich ständig zwei zentrale Größen:
a.) Die Schlagfrequenz: normalerweise bei 70 Schlägen pro Minute, kann bis auf knapp 200 Schläge pro Minute ansteigen unter Beibehaltung seiner Funktion.
b.) Das Schlagvolumen: normalerweise bei 70-90ml je Schlag, kann auf 140ml unter Belastung ansteigen.

Das Herz ist ein Ausdruck des Lebens – bei einem 70jährigen Menschen hat es unaufhörlich etwa zweieinhalb Milliarden Schläge hinter sich gebracht, ohne jemals auszuruhen. Modern betrachtet ist das Herz im Verhältnis zu seiner Leistungsfähigkeit sehr schlecht versorgt – auf 100 g Organgewicht benötigt der Herzmuskel lediglich 80 ml Blut pro Minute, die Niere im Vergleich dazu das fünffache, das Gehirn das dreifache.Die Hauptaufgabe des Herzens besteht darin, minütlich ein Blutvolumen von ca. 5 Litern aufrecht zu erhalten und sich den Umweltbedingungen spontan durch Leistungssteigerung anpassen zu können.

Die Leistungsfähigkeit des Herzens ist von drei Faktoren abhängig:

  1. Alter: Im Alter nimmt die Leistungsfähigkeit des Herzens allmählich ab (Herz-Insuffizienz) – der natürliche Tod wird schließlich u.a. durch das Sistieren der Herztätigkeit definiert.
  2. Konstitution: familiäre Anlagen entscheiden maßgeblich über die Neigung zur Entwicklung von Erkrankungen der Herzkranzgefäße, des Herzmuskels und Herzrhythmus. Erfahrungsgemäß neigen Vata-dominierte Konstitutionen zur vorzeitigen Entwicklung von Herzschwäche, Schmerzzuständen, Rhythmusstörungen und psychokardiologischen Beschwerden und sind somit am stärksten gefährdet. Kapha-dominierte Konstitutionen müssen vor allem auf ihren Blut-Fettstoffwechsel achten, da sie verstärkt zur Verengung der Herzkranzgefäße durch Arteriosklerose neigen. Pitta-dominierte Konstitutionen sind erhöht entzündungsgefährdet und können durchaus auch stressbedingte Herzprobleme entwickeln – verglichen mit Vata- und Kapha-Dominanzen ist eine Herzkrankheit jedoch bei Pitta-Konstitutionen seltener anzutreffen.
  3. Trainingszustand: Das Herz lässt sich durch regelmäßige körperliche Ertüchtigung ohne Leistungssport-Niveau stärken und anpassungsfähiger gegenüber äußeren Einflüssen machen. Beide Extreme sind somit unzuträglich: Hochleistungssport ist „Mord“, Bewegungslosigkeit verkürzt gleichermaßen das Leben. Tägliche Bewegung wie Walking, Jogging, Radfahren oder Schwimmen bei einer Schlagfrequenz bis zu 140 Schlägen pro Minute wirken verjüngend.

Terminalia arjuna – der „Weißdorn“ im Ayurveda

Es ist immer das Bestreben des Herzens, seine Schlagfrequenz zu senken und gleichzeitig das Schlagvolumen zu erhöhen.Genau diese Fähigkeit der Herzentlastung wird im Ayurveda der Rinde des Myrobalanenbaums Terminalia arjuna zugeschrieben. Arjuna stärkt die Kontraktilität des Herzmuskels, reguliert den Herzrhythmus, stabilisiert die Kreislauffunktionen und beugt der Bildung von Ödemen durch Herzinsuffizienz vor.

Mythologische Bedeutung des Namens Arjuna

Arjuna ist eine der wichtigsten Heldengestalten in dem indischen Epos Mahabharata. Er ist Krishnas Dialogpartner in der Bhagavad Gita, dem im Westen vermutlich am weitesten verbreiteten hinduistischen heiligen Text. Arjuna rächt die Verfolgung seiner Familie auf dem Schlachtfeld von Kurukshetra, wo er von Krishna göttliche Unterweisung aus der Bhagavad Gita empfängt und den legendären Kampf der Pandavas gegen die Kauravas gewinnt. Die Verbindung eines herzstarken Kriegers und Empfängers spiritueller Weisheit ist in dem Namen Arjuna symbolisch verankert.

Botanik und Inhaltsstoffe

Arjuna ist ein prächtiger, bis zu 26 Meter hochragender Baum mit weißer Rinde. Das rötliche Pulver der Innenschicht enthält 34% Calciumcarbonat, 16% Tannin-Gerbstoffe, 9% andere Calciumsalze, Aluminium, Magnesium, organische Säuren, pflanzliche Farbstoffe und Zucker.

Traditionelle Klassifikation

  • Geschmack: herb
  • Thermische Potenz: kühlend
  • Systemische Wirkung: scharf
  • Eigenschaften: leicht, trocken
  • Außerordentliche Wirkung: kardiotonisch
  • Dosha-Bezug: Pitta und Kapha beruhigend,Vata reizend

Traditionelle Wirkungen & Einsatzmöglichkeiten

Im Ayurveda wird Arjuna gern als Nahrungsergänzung eingesetzt. In den klassischen Texten des Ayurveda wurden folgende ­Beschreibungen vorgenommen:

  • Hrdaya: kardiotonisch = herz­­­­­­stärkend
  • Raktastambhana: blutstillend, wundheilend
  • Visha: antitoxisch, blutreinigend
  • Bhagna: Knochenbrüche heilend

Weiterhin wurden Einsatzmöglichkeiten bei chronischen Hautbeschwerden, Wunden, Hämorrhoidalleiden und Stuhlgängen mit Blutbeimengung beschrieben. Durch seine Kapha-senkenden Eigenschaften wird im klassischen Ayurveda Arjuna auch bei erhöhten Blutfetten empfohlen.

Zubereitungen

Aufgrund seiner ausgeprägt trocknenden Eigenschaften sollte Arjuna als Pulver in Milch aufgekocht werden, um einer Aggravation von Vata vorzubeugen. Dies gilt insbesondere für Menschen im höheren Alter, bei denen Trockenheit und Leichtigkeit naturgegeben zunehmen. Alternativ kommen auch Zubereitungen in Butteröl (Ghrta) in Betracht – hierzu wird die Baumrinde zunächst in Wasser auf ein Viertel eingekocht und dann der wässrige Auszug mit Butteröl solange auf niedriger Flamme geköchelt, bis das Wasser vollständig verdunstet ist.Sehr bewährt hat sich aufgrund seiner guten Verträglichkeit der Kräuterwein auf Basis von Arjuna. Dieser wird auch gerne Menschen mit nervösen Herzbeschwerden empfohlen. Der geringe Alkoholanteil wirkt entspannend und transportiert die Kräuterwirkung auf subtile Weise auch in entlegenere Körperregionen.

Bewährte Kombinationen mit Arjuna

Im klassischen Ayurveda setzt man nur selten eine Pflanze oder Kräuterrezeptur alleinig ein. Um die Wirkung zu intensivieren, kombiniert man im Falle von Arjuna sehr gerne Guggulu-Zubereitungen, die das Fließverhalten des Blutes begünstigen und gleichzeitig kapha- und damit blutfettreduzierend wirken. Auch eine Teeabkochung der berühmten zehn Wurzeln Dashamula wirkt sich in Kombination mit Arjuna herzkräftigend aus, insbesondere bei starker Vata-Beteiligung.Bei Herzbeschwerden immer den Facharzt konsultieren!Im Falle nachweislicher Herzbeschwerden muß immer ein Facharzt mit kardiologischer Spezialisierung konsultiert werden – vor einer „Selbstmedikation“ ist dringend abzuraten, spielen Sie nicht mit Ihrer Gesundheit!


Heft 12 – Heilung chronischer Krankheiten

Chronischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen entgegenwirken. Im Ayurveda Journal 12 erfahren Sie, wie durch eine angepaßte Ernährung, einer inneren Reinigung und einem aktiven Stoffwechsel den chronischen Beschwerden der Garaus gemacht wird.