Vielleicht kennen Sie diese Situation: Ihr Beruf war eigentlich einmal Ihr Traumberuf – aber nun haben sich die Umstände verändert und es passt nicht mehr. Oder: Es will nicht so recht weitergehen. Eigentlich möchten Sie etwas anderes machen – aber was eigentlich? Eventuell stellt sich die Frage: Soll ich mich verändern oder soll ich durchhalten und in dem Beruf bleiben, den ich erlernt habe? Möglicherweise kommt Ihnen auch folgende Situation vertraut vor: Eltern oder andere Ihnen wichtige Menschen hatten nur Ihr Bestes im Sinn – und haben Sie unbewusst in einen Beruf gedrängt, in dem Sie auch erfolgreich sind, der Ihnen aber schon länger keine Freude mehr macht.

Vielleicht sind durch die unbefriedigende Situation bereits Beschwerden entstanden, zum Beispiel Rückenschmerzen, Bluthochdruck, Magenprobleme, Schlafstörungen oder Stimmungsschwankungen.

In solchen Fällen kann eine ganzheitliche Laufbahnberatung, die ayurvedische Ansätze mit westlichen Arbeitsmethoden verbindet, hilfreich sein. Im Bereich der Laufbahn- und Karriereberatung ganzheitlich zu arbeiten bedeutet, die Kompetenzen und Stärken eines Menschen zu beachten, seine durch die Doshas manifestierten Persönlichkeitsmerkmale zu berücksichtigen und vieles mehr.

Gesunde Entscheidungen benötigen einen gesunden Geist

Wer sich beruflich verändern möchte, muss bewusst Entscheidungen treffen. Dafür ist es wichtig, dass man psychisch und gesundheitlich stabil ist. In der ganzheitlichen Laufbahnberatung betrachten wir deshalb den ganzen Menschen und unterstützen ihn dabei, das körperliche und geistige Gleichgewicht zu erhalten oder es – falls es aus der Balance geraten ist – wiederherzustellen.

Was das Leben erzählt

Im Ayurveda unterscheiden wir zwischen eigentlicher Natur (Prakriti) und aktuell gelebter Natur (Vikriti). Prakriti ist die Basis für persönliche Stärken und Verhaltensweisen, es sagt aber auch etwas darüber aus, wie Menschen wahrscheinlich damit umgehen, wenn beruflich “etwas nicht mehr stimmt“. Passt die gelebte berufliche Situation nicht zum Prakriti eines Menschen, können gesundheitliche Störungen auftreten.

Um wiederzuentdecken, was durch unstimmige Berufsentscheidungen verschüttet worden ist, hilft eine biographische Bestandsaufnahme.

Fallbeispiel

Andrea S., Anfang 40, arbeitete zwölf Jahre in einem eigenständigen internen Weiterbildungsbereich einer Hochschule. Sie konzipierte Trainings und führte diese selbständig durch. In den letzten fünf Jahren war Andreas Bereich Bestandteil der Verwaltungseinrichtung, sodass sie keine Trainings mehr durchführen, sondern nur noch einkaufen und verwalten sollte. Andrea wollte schon länger raus aus dem Job – wusste aber nicht, wohin. Biographiearbeit und Konstitutionsbestimmung konnten hier weiterhelfen.

Andrea hat eine Vata-Pitta-Konstitution mit einem höheren Pitta-Anteil. Für sie ist es wichtig, selbst bestimmen zu können und etwas voranzubringen. Sie ist ehrgeizig und will etwas erreichen. Der Vata-Anteil bedingt, dass Andrea Abwechslung braucht und gerne kreativ Probleme löst. Ihre Arbeitsumstände wären aber eher für eine Kapha-Natur geeignet. In der Biographie-Arbeit schrieb Andrea auf, was sie in verschiedenen Phasen ihres Lebens gemacht und erfahren hatte. Dabei wurden nicht nur berufliche Tätigkeiten oder Jobs berücksichtigt, sondern auch alle anderen Lebensbereiche, wie Freizeitbeschäftigungen oder ehrenamtliche Bereiche. Wichtig bei der Biographie-Arbeit ist vor allem die Bewertung der jeweiligen Situationen: Was hat einem an einer vergangenen Tätigkeit besonders gefallen? Was hat man über sich selbst gelernt? Ist etwas dabei, was man gerne wieder erleben möchte?

Besonders viel Freude hatte Andrea früher an nebenberuflicher journalistischer Arbeit. Hier war sie ständig mit neuen Themen beschäftigt, tauschte sich mit anderen aus und konnte mit eigenen Artikeln auf sich aufmerksam machen. Bei einer Nebentätigkeit in einem Kulturzentrum hatte sie eigenständig Kulturprojekte geleitet und organisiert – und war dabei zur Höchstform aufgelaufen. Auch das Anleiten von anderen Menschen in Trainings hat ihr Spaß gemacht, wenn sie die Inhalte selbst gestalten konnte.

Aus der Biographie-Arbeit konnte Andrea konkrete Tätigkeiten ableiten, die sich gut mit den Stärken ihrer Vata-Pitta-Konstitution decken. Heute arbeitet sie an einem Landestheater im Bereich Öffentlichkeitsarbeit. Dort schreibt sie Werbetexte und berichtet über Aktivitäten, leitet in Kursen Menschen zum Theater-Erleben an und organisiert Veranstaltungen, um das Theater bekannter zu machen – in einem festen Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst, was für ihr persönliches Sicherheitsbedürfnis wichtig ist.

Werte – die darunterliegende Struktur

Im Ayurveda spielen Werte eine große Rolle. Sie sind die Motivationsquellen eines Menschen und sollten deshalb in jedem Fall die Basis für berufliche Entscheidungen bilden. Wenn Werte nicht gelebt werden können, kann dies zu Konflikten oder Krankheiten führen. Da Werte durch Erfahrungen erlebt und gespeichert werden, hilft die biographische Bestandsaufnahme auch bei der Wertermittlung. Sie führt zu Wertebewusstsein und in Folge davon zur Entwicklung von Handlungsoptionen.

Westen unterstützt Osten

Ganzheitlichkeit bedeutet auch, unterschiedliche Methoden statt nur einer einzigen zu nutzen, um auch wirklich die optimale Lösung für den jeweiligen Menschen entwickeln zu können. Zwei westliche ayurvedanahe Methoden sind der MBTI (Myers-Briggs-Typindikator) und die Karriereanker von Edgar Schein.

Ziele und Lebensaspekte

Im Ayurveda kennen wir vier Lebensziele: ethisch-moralische Rechtschaffenheit (dharma), Wohlstand (artha), sinnliche Erfüllung (kama) und den Wunsch nach Befreiung (moksha). Berufliche Ziele lassen sich diesen Gruppen zuordnen. Wichtig ist, dass berufliche Ziele immer daraufhin überprüft werden müssen, ob sie zu den Zielen in anderen Lebensbereichen passen. Erst wenn das geklärt ist, sollten konkrete Pläne für den beruflichen Weg gemacht werden.


Heft 35 – Allergien

Das Ayurveda Journal beschäftigt sich als Titelthema in Heft 35 mit der ayurvedischen Behandlung von Allergien.