Zu Recht hat man als Käufer von Ayurveda-Produkten die Erwartung, dass die Produkte nur der Gesundheit dienen und keine schädlichen Wirkungen haben dürfen. Ende 2015 wurde in den Medien über mit Schwermetallen belastete Produkte aus Sri Lanka berichtet. Das hat viele Ayurveda-Freunde verunsichert, die sich jetzt die Frage stellen, wie es um Ayurveda-Produkte in Europa bestellt ist. Hersteller berichteten über verstärkte Nachfragen von be- sorgten Verbrauchern und in Sri Lanka wurde ein Rückgang der Ayurveda-Kuren verzeichnet.
Das Ayurveda Journal hat recherchiert
Wie sicher sind Ayurveda-Produkte die in Deutschland, Österreich und der Schweiz verkauft werden?
Ayurveda-Produkte sind in Europa nicht als Arzneimittel registriert. Sie werden als Lebens-mittel, Nahrungsergänzungsmittel oder Kosmetika verkauft. Für jede dieser Produkt-kategorien gibt es eindeutige Rechtsvorschriften, die klar benennen, wie ein Lebensmittel-unternehmer seine Waren zu produzieren und zu vermarkten hat. Ziel dieser gesetzlichen Regelungen ist der Schutz des Verbrauchers. Jeder Hersteller von Lebensmitteln muss nach dem sogenannten HACCP-Konzept produzieren. HACCP steht für „Hazard Analysis and Critical Control Points“, deutsch: „Gefahrenanalyse kritischer Kontrollpunkte“.
Die Vorgaben des HACCP-Konzeptes sind verbindlich und umfassen zwei wesentliche Aspekte.
Zum einen ist vorgeschrieben, dass bei der Produktion von Lebensmitteln die üblichen Hygienevorschriften eingehalten werden müssen. Dazu gehören Beschaffung/Ausstattung, Hygiene und Reinigung der Herstellungsräume. Man darf gewerbliche Lebensmittel nicht zu Hause in seiner privaten Küche produzieren, sondern muss dafür über besonders ausge-stattete Räumlichkeiten verfügen. Die Mitarbeiter müssen die speziell vorgegebenen Hygiene-vorschriften befolgen und entsprechende Arbeitskleidung tragen. Sie werden regelmäßig geschult und setzen gesetzlich vorgegebene Reinigungspläne um.
Zum anderen muss ein Unternehmen analysieren, ob und welche Gefahren für den Ver- braucher bei Produktion der entsprechenden Erzeugnisse auftreten könnten. Das ist die oben erwähnte „Gefahrenanalyse kritischer Kontrollpunkte“. Diese Gefahrenanalyse fällt je nach Art des Lebensmittels unterschiedlich aus. So werden z. B. Milchprodukte oder Fleisch anders bewertet als zum Beispiel Backwaren oder Gewürze. Bei leicht verderblichen Lebensmitteln ist es in erster Linie die Hygiene während der Verarbeitung und die Einhaltung der Kühlkette, die besonders kontrolliert werden müssen.
Bei Import und Verarbeitung von ayurvedischen Kräuterprodukten liegt dieser „kritische Kontrollpunkt“ in der Überprüfung der Reinheit von Rohwaren oder Fertigprodukten aus Asien. In Indien und Sri Lanka herrschen andere klimatische Bedingungen und eine andere Handhabung im Bereich Reinheit und Hygiene. Der Gesetzgeber macht es sich dabei einfach. Er gibt nicht die einzelnen Maßnahmen vor, die ein Unternehmer ergreifen muss. So ist z. B. nicht festgelegt, dass bestimmte Labortests durchgeführt werden müssen. Rechtlich muss ein Lebensmittel einfach nur sicher sein. Dafür gibt es eine Vielzahl von Parametern und Grenzwerten, die eingehalten werden müssen. Welche Tests und Sicherheitsmaßnahmen durchzuführen sind, legt der Unternehmer in eigener Verantwortung somit selbst fest.
Er wird berücksichtigen ob er Fertigprodukte wie Tabletten oder Kapseln importiert oder Rohwaren. In jedem Fall sollte er seine Lieferanten kennen und sich von deren Herstellungspraxis und Qualitätsmanagementsystem überzeugt haben. Beim Import von Rohmaterialien orientiert er sich an Eigenschaften und Anfälligkeiten gegenüber Verunreinigungen, die ein bestimmtes Lebensmittel hat. Wer z. B. Shatavari (indischer Spargel) aus Indien einführt, sollte wissen, aus welchem Anbau das Produkt stammt, wie es getrocknet und gelagert wurde. Bei einer langsamen Trocknung in der Sonne entsteht häufig Schimmel und damit Mykotoxine. Der Unternehmer muss also auf jeden Fall das Produkt Shatavari auf genau die Unterart von Mykotoxin testen, die in stärkehaltigen Wurzeln auftritt. Entsprechendes gilt für alle anderen Kräuterprodukte je nach deren Eigenschaften.
Viele Hersteller und Ayurveda-Anbieter, die auf dem deutschen Markt aktiv sind, betonen, dass sie über Laborergebnisse für Schwermetalle verfügen. Einfache Labortests für Schwermetalle – zum Teil sogar in Asien durchgeführt – sind aber nicht ausreichend, um die Reinheit und Sicherheit von Importwaren garantieren zu können.
Produktsicherheit kann nur durch umfassende, professionelle Laboruntersuchungen von unabhängigen, akkreditierten europäischen Laboren (Schwermetalle, Mikroben, Mykotoxine usw.) und im Rahmen eines fachkundig auf den Import von Ayurveda-Produkten aus Asien ausgerichteten Qualitätsmanagementsystems erreicht werden. Der Importeur muss detaillierte Fachkenntnisse über die Eigenschaften und die Herstellung verschiedenster Lebensmittel haben, um mögliche Risiken und Verunreinigungen einschätzen und ausschließen zu können. Sein Qualitätsmanagementsystem sollte staatlich kontrolliert sein (z. B. bei Firmen, deren Lager und Versand sich außerhalb Deutschlands befinden) oder von unabhängigen, sachverständigen Dritten begutachtet und zertifiziert sein.
Und hier liegt der Hase in Pfeffer: Ein solches System erfordert professionelle Fachkenntnisse, Erfahrung, Laboruntersuchungen, Beratung durch Lebensmittelchemiker bzw. Sachverständige und damit Geld – es ist einfach teuer. Ayurveda in Europa ist aber kein Massenmarkt, in dem durch große Produktstückzahlen hohe Gewinne erzielt werden können. Viele kleine Anbieter, auch Ayurveda-Therapeuten, Heilpraktiker und Ärzte, glauben, sich mit dem Import und dem Vertrieb von Ayurveda- Produkten einen Zusatzverdienst schaffen zu können. Ob dabei die Kenntnisse für eine professionelle Qualitätskontrolle ausreichen und auch die Bereitschaft, in die Einrichtung eines entsprechenden Systems die nötigen Geldmittel zu investieren, vorhanden ist, darf hier infrage gestellt werden.
In Europa kümmert sich der Herstellerverband „APTA-Europe e.V.“ um Produktsicherheit. Die Mitglieder dieses Verbandes (Amla Natur Vertriebs GmbH, Holisan B.V., Maharishi Ayurveda Products Europe B.V.) haben sich per Satzung verpflichtet, das HACCP-System auch in Zukunft konsequent umzusetzen.
Leider haben Labortests, die der Verband von Produkten verschiedener anderer Hersteller in Auftrag gegeben hat, den Verdacht bestätigt, dass es bei der Qualitätskontrolle Mängel gibt. Der Verband empfiehlt daher dem Verbraucher, sich des guten Qualitätsmanagementsystems der jeweiligen Lieferanten – einschließlich Sicherstellung umfassender Laboruntersuchungen der Produkte durch unabhängige europäische Labore – zu vergewissern und keine unkontrollierten, aus Indien oder Sri Lanka importierten Produkte zu erwerben.
Ayurveda-Hersteller in Europa müssen sich unbedingt an die gesetzlich vorgegebenen Qualitätsvorschriften halten, sonst droht dem guten Ruf des Ayurveda nachhaltiger Schaden. Die Sicherheit des Verbrauchers sollte immer an erster Stelle stehen!
Heft 51 – Gesunde Körpermitte
Das Ayurveda Journal beschäftigt sich in dieser Ausgabe als Titelthema mit dem Schwerpunkt Gesunde Körpermitte.