Bei meinem ersten Indienaufenthalt nutzte ich die Gelegenheit, vor allem etwas über den ganz normalen Lebensalltag der Frauen zu erfahren. Ich war zu Besuch bei Vandana Shah und Alka Pandya. Beide Frauen wohnen in Ahmedhabad, einer Millionenstadt im Bundesstaat Gujarat und gehören gesellschaftlich zum gut situierten Mittelstand in Indien.
Die Shahs besitzen eine kleine Wohnung im ersten Stock, in der sie mit ihren 2 Töchtern und der Schwiegermutter leben. Familie Pandya hat einen Sohn und lebt zusammen mit dem Gr0ßvater, in einem einfachen, aber gepflegten Bungalow
Ein indischer Tagesablauf
Vandana Shah hat genau wie ihr Mann an der Ayurveda Universität Jamnagar studiert, aber jetzt ist sie ganz Hausfrau und Mutter. Allein in der Küche verbringt sie 8 Stunden am Tag. Was sie mir schildert, klingt ganz nach klassischer ayurvedischer Tagesroutine: „Morgens um 6.00 Uhr beginnt bei uns der Tag. Jeder verrichtet seine „natürlichen Bedürfnisse“, putzt sich die Zähne, gurgelt mit gereiftem Sesamöl, kratzt sich mehrmals die Zunge ab, duscht und übt leichte Körperübungen aus.
Für 20 – 25 Minuten folgen Meditation und Gebete. Danach serviere ich meiner Familie gekochte warme Milch, welche im Ayurveda als Rasayana (verjüngend und lebensverlängernd) gilt. Ich bereite für alle das Frühstück, was in der Regel frisch zubereitete mit Ghee oder Butter bestrichene Chapattis (dünne Brotfladen) sind.
In der Zeit zwischen 9.00 und 11.00 Uhr beginne ich mit der Vorbereitung der mittäglichen Hauptmahlzeit.“ Alles wird frisch zubereitet. Viele Lebensmittel wie Butter, Joghurt, Pickles, Chutneys, Brotfladen verschiedenster Art stellt Frau Shah traditionell in ihrer kleinen einfach ausgestatteten Küche selber her. Ein Pürierstab und ein Kühlschrank sind die einzigen technischen Errungenschaften, die ich entdecken kann. Frau Shah berichtet weiter: „Zwischen 11.00 und 12.00 Uhr essen nun alle Familienmitglieder ihr warmes „lunch“ die Hauptmahlzeit des Tages. Danach bringe ich die Kinder zur Schule.“ Ich staune nicht schlecht, man kann hier zwischen einer Morgen- und Nachmittagsschule wählen! „Auf dem Weg zur Schule besuche ich mit meinen Mädchen ein bis zweimal die Woche einen Tempel. Nachmittags ruhe ich mich aus, mache Einkäufe mit meinem Scooter und besuche Freunde und Verwandte.
Um 16.00 Uhr bin ich wieder für meine Kinder da. Es gibt eine kleine Zwischenmahlzeit und dann muss ich bereits wieder mit der Essensvorbereitung für das Abendbrot beginnen, welches zwischen 18.00 und 20.00 Uhr eingenommen wird. Es handelt sich stets um eine warme Mahlzeit, die aber leichter und nicht so umfangreich ist wie die Mittagsmahlzeit. Ich bereite danach noch Dinge für die nächsten Tage vor und helfe den Kindern bei den Schularbeiten.
Ab 20.00 Uhr ist Entspannung angesagt. Wir besuchen Freunde und Verwandte oder sehen auch mal fern. Vor dem Zubettgehen massiere ich unseren Mädchen und meiner Schwiegermutter täglich die Füße mit Ghee. Am Wochenende bekommen meine Kinder zusätzlich eine Kopfmassage mit Öl. Zwischen 22.00 und 23.00 Uhr gehen wir ins Bett. „Das ist der Lebensstil einer durchschnittlichen Mittelklassefrau in Indien“, schließt Frau Shah ab.
Alka Pandya, bei der ich zum Essen eingeladen bin, bestätigt das. Ist diese Lebensweise vielleicht das Geheimnis der für uns auffälligen Vitalität, Wachheit und emotionalen Offenheit?
Heft 02 – Massagen im Ayurveda
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