Kennen Sie das homöostatische Prinzip? Danach funktioniert die ayurvedische Medizin. Danach funktionieren Sie! Es ist das Prinzip der Balance – eingeführt und wissenschaftlich beschrieben von dem Harvard Pathologen Walter B. Canon vor gut 100 Jahren. Es bedeutet, dass der Organismus immer ein dynamisches Gleichgewicht anstrebt – „Prakriti sthapan: Bewahre das Gleichgewicht“ heißt dieses Naturgesetz in der Sprache des Ayurveda.

Was immer in unserem Leben passiert, es hat einen Einfluss auf die Konstellation der drei ayurvedischen Bioprogramme Vata, Pitta, Kapha. Was immer wir essen, trinken, denken, fühlen, tun: es beeinflusst diese drei Doshas. Klänge, Farben, Gerüche, Berührungen, der Beruf, die Partnerschaft, das Klima, die Tages- und Jahreszeit – alles wirkt auf sie. Dabei haben wir die Wahl: Entweder wir nützen diese Einflüsse, um die homöostatischen Kräfte in unserem Organismus zu stärken oder wir erlauben schädlichen Signalen von innen und außen, unsere regulativen Reserven langsam zu verzehren. „Das Wissen vom Leben“ kann uns helfen zu erkennen und zu spüren, was für uns das Richtige, was für uns „satmya“ ist. Normalerweise kümmern wir uns dabei um Ernährung, Heilmittel, Entgiftung, Stressbewältigung oder die Rhythmen des Tages und der Jahreszeiten, doch hier wollen wir uns rechtzeitig zu den Ferien etwas Exotischerem widmen – dem Urlaub.

Wohin im Urlaub?

Immer öfter berichten mir Patienten, dass sie sich im Urlaub nicht mehr entspannen können. Oder dass der Erholungseffekt nur kurz anhält. Wodurch überhaupt werden wir erholungsbedürftig? Letztlich doch immer durch Überlastung. Wir haben, was unsere Kräfte angeht, über unsere Verhältnisse gelebt. Vielleicht durch beruflichen Druck. Vielleicht, weil wir mit unserem Partner mithalten möchten, der über eine Bärenkonstitution verfügt. Oder wir bewältigen eine Mehrfachbelastung: Familie, Haushalt, Beruf. Oder wir pflegen ein krankes Familienmitglied. Was es auch sei, die Wirkung ist – ayurvedisch betrachtet – immer dieselbe: Wir strapazieren Vata. Um die Balance zu halten, versucht der Köper nach dem homöostatischen Prinzip, mit Kapha dagegen zu steuern.

Sind die Kapha-Reserven aufgebraucht, wachsen Müdigkeit, Erschöpfung, Unlust. Wir sehnen uns nach einer Auszeit. Wie können wir unsere Ferien gestalten, um den nötigen Erholungseffekt zu erreichen? Das wichtigste Gesetz dabei lautet: Regeneration und Neuaufbau entstehen nur aus der Ruhe. Denn: Ruhe besänftigt Vata und stärkt Kapha. Verstehen wir uns richtig: Ruhe bedeutet nicht, den ganzen Tag in der Sonne zu braten. Ruhe bedeutet nicht, nur zu schlafen und zu essen. Ruhe bedeutet: Ausgewogenheit in allem, was Sie tun oder lassen. Im Schlafen, im Essen und Trinken, in körperlicher und geistiger Betätigung, in Umgebungsreizen. All das bezieht sich auf unsere individuelle Situation – auf den Zustand unserer Doshas und auf unsere Veranlagung.

Welche Urlaubsziele sind nun für die unterschiedlichen Konstitutionstypen oder Menschen mit spezifischen Dosha-Störungen besonders gut oder eher nicht geeignet? Wohin soll ein Mensch mit einer Vata-Störung oder ein gesunder Vata-Typ reisen? Vata ist leicht, kühl, beweglich, rau, klar und fein. Für seinen Urlaub sollte er oder sie also eine Landschaft und ein Klima mit den gegensätzlichen Merkmalen wählen: keine trockene Steppenlandschaft, sondern eine saftig-grüne, üppige Umgebung mit viel Wasser und Wäldern, nicht kalt und windig, sondern warm (nicht heiß) etwas feucht und sonnig. Also z.B. in eine sanfte Landschaft nach Bayern, Österreich oder die Schweiz. Und wo verbringt der Pitta-Typ oder der gestresste Manager mit einer Pitta-Störung seinen Urlaub? Pitta ist leicht, heiß, etwas ölig, scharf, flüssig, beweglich und sauer. Klima und Ein-fluss der Landschaft sollten diese Qualitäten ausgleichen. Also nicht im Hochsommer nach Tunesien, sondern eher ins etwas kühlere Skandinavien. Eine saftig-grüne Landschaft mit viel Wald und Wasser tut einem Vata- wie einem Pitta-Menschen gut. Auch ein Winterurlaub im Schnee eignet sich für diesen Konstitutionstyp oder kühlt einen Pitta-Überschuss ab. Der Kapha-Mensch oder der übergewichtige Diabetiker mit einer Kapha-Störung muss die Qualitäten schwer, kalt, ölig, zähflüssig, fest, weich und süß ausgleichen. Ein Urlaub an der rauen, windigen See zu einer Zeit, in der es nicht kalt ist, würde ihm helfen. Eine andere Möglichkeit, um das Feuchte zu vermeiden: Machen Sie Ferien in einer heißen, trockenen Landschaft oder in den Bergen. Wenn Sie unterschiedliche Tendenzen in einer Familie oder in einer Gruppe vereinen müssen, dann planen Sie etwas, was allen gut tut: Nichts Extremes, nicht zu heiß und nicht zu kalt, nicht zu feucht und nicht zu trocken, nicht stürmisch und rau, sondern sanft und still. Wohin Sie auch im Urlaub fahren – gönnen Sie Ihrem Organismus Ruhe, damit der „Arzt in Ihnen“, Ihre Körperintelligenz, seine leise Arbeit verrichten kann. Wenn Sie frisch und vital, gut gelaunt, lebensfroh, ausgeglichen und optimistisch aus den Ferien zurückkehren, wenn nach zwei Wochen dieses Wohlgefühl nicht wieder verflogen ist, wenn Sie gerne an Ihren Urlaub zurück denken, dann haben Sie die Zeit zur Regeneration gut genutzt.


Heft 14 – Ayurveda als Beruf

Der Ayurveda als Beruf – Ausbildungsmöglichkeiten, die Entwicklung des Arbeitsmarktes und mögliche Arbeitgeber. Im Ayurveda Journal 14 finden Sie Wege um Ihren Traum zu verwirklichen.