Eine heiß umstrittene Debatte tobt zwischen Eltern, professionellen Erziehern, Psychologen und Neurologen darum, was eigentlich ADS oder ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) ist. Einige gehen so weit zu behaupten, ADS sei von der Pharmaindustrie erfunden worden. Bei einem Jahresumsatz von Methylphenidat (das am häufigsten eingesetzte Medikament) von über 4,8 Milliarden US Dollar (Umsatz in USA 2008) wird verständlich, dass solche Theorien entstehen.

Warum werden Kinder mit Drogen vollgestopft, die in Deutschland offiziell unter das Betäubungsmittelgesetz fallen und das bei einer widersprüchlichen und unzureichend objektiven Möglichkeit der Diagnose. Zudem sind bisher keine Faktoren bekannt, die eindeutig belegen, welche Bedingungen eine primäre Rolle für die Entstehung einer Aufmerksamkeitsdefizitstörung spielen.

Die Ursachenforschung ist sich uneins: Erbliche Faktoren werden aufgeführt, Rauchen (aktiv und passiv), Alkohol, falsche Ernährung und Lebensstil der Mutter während der Schwangerschaft sind mittlerweile erwiesen. Deprivation bei ungünstigen psychosozialen Bedingungen in der Familie oder kontrollierendes und verhärtendes Erziehungsverhalten sind weitere Faktoren.

Mehr und mehr Eltern suchen Alternativen zur Behandlung für die angebliche ADHS Diagnose und kommen dadurch auf den Ayurveda. Leider bestehen manchmal Lehrkräfte darauf, dass ein Kind mit Ritalin ruhig gestellt wird, weil sie mit dem zappeligen Schüler schlichtweg überfordert sind. „Dann bitte die Schule oder Klasse wechseln.“ Bei rund einem Drittel der Kinder war das schon die Lösung. Bei kognitiven Defiziten sind Rasayana Maßnahmen für (a) die Aufmerksamkeitsstörung (Aufbaumittel für das Zentralnervensystem) und (b) die Hyperaktivität (beruhigende, wenn nicht sedierende Mittel) empfehlenswert.

Phytotherapie

Ayurvedische pflanzliche Heilmittel sind gut verträglich und stark wirksam.

Dabei wird in meiner Praxis ein spezielles, gut wirksames Mittel eingesetzt, das in Indien entwickelt wurde und über das auch Studien vorliegen. Hauptbestandteil ist Bacopa Monnieri und meine Erfahrungen damit sind wirklich sehr gut. Traditionellerweise verabreicht man ein Ghee-Präparat wie Brahmi Ghrita oder die Pflanzenteile werden in einer Tasse heisser Gewürzmilch eingenommen. In jedem Fall müssen die Wirkstoffe der verabreichten Pflanzen an Fettmoleküle gebunden sein, damit die Hirnblutschranke passiert werden kann und die Wirkstoffe so ins Zentralnervensystem gelangen. Die Hyperaktivität kann auch wirksam mit physikalischen Therapien wie Ganzkörperölmassagen mit entsprechenden ayurvedischen Ölen gut kompensiert werden. Ayurvedische Heilmittel ohne weitere flankierende Massnahmen abzugeben, wird nicht den gewünschten Erfolg erbringen. Notwendig sind auch Anpassungen bei der Ernährung und beim Lebensstil.

Ernährung

Die Ernährung bei ADS Kindern und Jugendlichen im Allgemeinen muss möglichst hohe Sattva-Anteile enthalten, also frisch zubereitete Nahrung aus frischen, regionalen Nahrungsmitteln, also Getreide, Hülsenfrüchte, Gemüse, Milchprodukte und hochwertige Öle, aber auch Früchte, Nüsse, Beeren, grünes Gemüse, Honig usw.

Lifestyle

Ein Kind muss genug Freiraum haben, um mit seinen Fähigkeiten experimentieren zu können. Dieser wird durch die Einschulung und oft auch im Elternhaus empfindlich eingeschränkt. Es fehlen Rituale, die dem Kind als Meilensteine in seiner Entwicklung dienen. Das „man muss“ schränkt die Bewegungsfreiheit zunehmend stärker ein und so verliert es die Beziehung zu seiner eigenen Sinnlichkeit. Ayurvedische Ganzkörperölmassagen beruhigen, öffnen die Sinne wieder und ermöglichen, wenn diese gemeinsam mit einem oder beiden Elternteilen durchgeführt werden, die körperliche und emotionale Bindung.

Sportliche Aktivitäten, die der Konstitution und Fähigkeiten des Kindes angepasst sind, aber die Strukturen nicht überfordern, sind ein weiteres Instrument, damit ein Kind seine Körperlichkeit mit Freude verbunden ausleben kann. Schließlich muss auch ein Kind einen Lebenssinn erkennen können. Es will seine Einzigartigkeit leben und nicht in eine als normal geltende Struktur gezwängt werden. Es braucht Nahrung für die Seele.


Titelseite des Ayurveda Journals Ausgabe 30. Auf dem orangen Cover sieht man das hellblaue Meer, eine Insel die mit Palmen bewachsen ist und eine lange Sandbank.

Heft 30 – Kuren am Ursprung des Ayurveda

Mit einer Ayurveda-Kur den Körper entschlacken – Traditionelle Panchakarma Kuren im Herzen von Indien, am Ursprung des Ayurveda. Auseinandersetzen mit dem eigenen Körper in einer fremden Kultur.