Hält ein quirliger Vata-Mensch es auf Dauer mit einem etwas behäbigen Kapha-Typen aus? Erträgt ein temperamentvoller, perfektionistischer Pitta-Typ den manchmal etwas chaotischen, doch sehr kreativen Vata-Typen? Geht dem erdverbundenen, methodischen und ausdauernden Kapha-Menschen mit der Zeit nicht unweigerlich die Rastlosigkeit seines Vata-Partners auf die Nerven? Kurz: Gibt es aus ayurvedischer Sicht Typen, die gut zueinander passen, und andere, die gar nicht kompatibel sind?

„Prakriti sthapan – bewahre das Gleichgewicht!“ so heißt der Leitsatz der ayurvedischen Medizin. Gemeint ist vornehmlich die Balance zwischen den drei Doshas Vata, Pitta und Kapha. Nicht ein statisches, sondern ein sehr dynamisches, elastisches Gleichgewicht. Solange sie in diesem harmonischen Gleichgewicht schwingen, bilden die drei Doshas eine vorbildliche Partnerschaft. Und das, obgleich sie so gänzlich verschieden sind: Vata ist aus Akasha (Raum) und Vayu (Luft) gemacht, Pitta aus Agni (Feuer) und Kapha aus Ap (Wasser) und Prithvi (Erde).

Vata und Pitta sind leicht, Kapha ist schwer. Pitta ist heiß, Vata und Kapha sind kalt. Vata und Pitta sind beweglich, Kapha ist unbeweglich. Vata ist trocken, Kapha ist ölig. Pitta ist scharf und spitz, Kapha ist weich und rund. Vata ist schnell, Kapha ist langsam. In ihrer Unterschiedlichkeit ergänzen sich die drei Doshas, komplettieren sich gegenseitig, formen einen Organismus und steuern all seine Funktionen. Probleme entstehen dann, wenn sie ihre Balance verlieren, wenn ein Dosha zu stark wird oder geschwächt ist, wenn das für jeden Menschen spezifische Kräfteverhältnis dieser drei Bio-Programme verloren geht.

Eine Partnerschaft ist ein eigener Organismus

Was für einen Organismus gilt, trifft auch auf die Partnerschaft zwischen zwei Menschen zu, die gemeinsam einen neuen Beziehungsorganismus bilden. Die naturgegebene Heterogenität zweier Persönlichkeiten und Charaktere, also zweier unter­schiedlicher Dosha-Konstellationen, muss sich dabei in eine bewegliche Balance einpendeln, die in sich fortwährend ändernden Lebenssituationen dauernd auf die Probe gestellt wird. Wie schwer solch ein Gleichgewicht aufrecht zu erhalten ist, gestaltet sich zu einem zentralen gesellschaftlichen Problem unserer Zeit.

In Deutschland werden fast 40 Prozent der Ehen geschieden. Immer mehr Menschen leben allein. Es gibt Städte, in denen es mehr Single- als Familienhaushalte gibt. Vereinsamen viele Menschen in der anonymen Großstadt? Daher stellen Wissenschaftler die Frage: Welchen Einfluss hat das Gefühl der Einsamkeit auf die Gesundheit?

Es werden immer wieder Studien veröffentlicht, die nachweisen, dass Menschen in einer guten Partnerschaft länger leben. Auch Krebskranke, die von einer harmonischen Beziehung getragen werden, zeigen deutlich längere Überlebenszeiten. Eine liebevolle Partnerschaft gibt uns Sicherheit. Sie nährt uns und wirkt sich daher natürlich auf die Doshas harmonisierend aus.

Die Kraft des Gebens

Eine Partnerschaft entsteht aus Anziehung, Zuneigung und Liebe. Wenn man einen Menschen aufrichtig liebt, möchte man ihn glücklich sehen und glücklich machen. Zu lieben heißt in erster Linie zu geben. Damit sind weniger materielle Geschenke als vielmehr Aufmerksamkeit, Zuwendung, Anerkennung, Respekt, Fürsorge, Vertrauen und die Bereitschaft zurückzustehen gemeint. Wenn sich zwei Menschen lieben, leben sie in der dauernden Bereitschaft zu geben. Damit bringen sie den anderen in die glückliche Lage des Empfangens: Beide geben und beide empfangen – ein wunderbarer Austausch positiver Energie. Soweit die Theorie. Sie stimmt meist für eine Weile – bis der graue Alltag einkehrt. Alltag bedeutet, müde zu werden, seine Energie zu verbrauchen und zu verlieren. Diese Energie will man zurückgewinnen, denn mehr Energie bedeutet mehr Wohlbehagen, mehr Glück und Freude. Es gibt viele Möglichkeiten, Energie aufzubauen und die ayurvedische Wissenschaft von den Rasayanas handelt nur davon. Dabei ist folgendes entscheidend: Alle Verfahren der Erholung und Belebung basieren auf der Fähigkeit, aus sich selbst heraus Kraft zu schöpfen. Die unterschiedlichen Formen der Rasayana-Therapie unterstützen den Organismus in seiner Möglichkeit, sich neu zu organisieren und zu strukturieren.

Die Quelle aller Energie ist in uns

Wenn wir den Wiederaufbau unserer Kräfte nicht pflegen, wenn wir uns keine Zeit zur Regeneration gönnen, dann erwarten wir – vielleicht ganz unbewusst – diesen Energieschub von unserem Partner. Erhofft der andere dasselbe von uns – da seine bzw. ihre Energiereserven auch erschöpft sind – gehen beide leer aus. Das Ergebnis sind Unzufriedenheit und Frustration. Wenn man keine Energie hat, kann man nichts geben. Wenn man nicht weiß, wie man Energie neu aufbaut, sucht man sie bei anderen. Ist aber niemand da, der sie einem gibt, wächst die Unzufriedenheit. Am Anfang einer Beziehung sind beide Partner bemüht, willig und fähig zu geben. Wenn diese Fähigkeit und Bereitschaft nachlässt, kann eine Beziehung nicht mehr erfüllend sein.

Möglicherweise sucht man einen neuen Partner. Nicht selten wiederholt sich dieser Mechanismus aber auch in der neuen Beziehung. Wenn man dieses Muster nicht durchschaut, folgt der anfänglichen Hochstimmung die Ernüchterung und dann die Enttäuschung. Eine glückliche Beziehung gibt Kraft, eine kranke Partnerschaft raubt Energie. Menschen, die in einer unglücklichen Ehe leben, setzen ihr seelisches Leid oft in körperliche Krankheiten um. Eine unglückliche Ehe kann die Quelle für viele psychische und physische Leiden sein. Denn wenn man liebt, öffnet man sich und wenn man sich öffnet, wird man verletzbar. Bei vielen meiner Patienten stelle ich ein Phänomen fest, das mich jedes Mal betroffen macht: Sie tragen diese Probleme oft jahrelang mit sich herum, ohne darüber zu sprechen, sie verschließen sich und kapseln den Schmerz ein. Zu lieben bedeutet aber zu geben und sich auszutauschen. Wenn man sich verschlossen hat, kann kein Austausch mehr stattfinden, denn das, was man zu geben hat, kann nicht fließen. Wer das erkannt hat, wird versuchen, Verletzungen bewusst aufzuarbeiten. Dazu ist ein hohes Maß an Aufmerksamkeit nötig. Machen Sie einmal folgendes Experiment: Schreiben Sie eine Woche lang jeden Abend auf, welche Gedanken Ihnen den ganzen Tag über durch den Kopf gegangen sind. Sie werden feststellen, wie schnell man Gedanken gegen sich selbst oder den Partner richtet, die sich leicht verselbständigen. Immer wieder gedacht, verdichten sie sich zu einem Gefühl, zu einem Unbehagen. Je länger, je öfter das geschieht – desto schwieriger sind Probleme aus der Welt zu schaffen. Verfolgen Sie diese Gedanken die Woche über und entwickeln Sie Strategien, um sie für sich statt gegen sich einzusetzen. Erklären Sie Verletzungen erst sich selbst und danach Ihrem Partner. Versuchen Sie ein Team zu bilden, in dem beide gewinnen. Beginnen Sie aber zuerst bei sich.

Wer liebt, muss in sich ruhen. Eine Partnerschaft zu pflegen bedeutet in erster Linie, sich selbst zu pflegen, das heißt, die eigene Zufriedenheit und die eigene Fähigkeit zu geben, immer wieder neu zu entdecken – oder ayurvedisch formuliert: die Doshas in der Balance zu halten. Es ist nichts Schlechtes oder Egoistisches daran, etwas für sich zu tun, denn wenn unsere Persönlichkeit reift, profitiert auch unsere Umwelt. Was nun können wir konkret unternehmen, um eine Partnerschaft zu heilen oder sie gesund und lebendig zu halten?

Ratschläge für eine gesunde Beziehung

  1. Achten Sie auf Ihre Energiereserven. Verausgaben Sie sich nicht. Tanken Sie regelmäßig auf und vergessen Sie nie das Prinzip der Regeneration: Kraft kommt nur aus der Ruhe.
  2. Üben Sie sich in der Bereitschaft zu geben. Überraschen Sie Ihren Partner mit kleinen Aufmerksamkeiten und interessieren Sie sich für alles was ihn bewegt. Zeigen Sie ihm Ihre Zuneigung und vergessen Sie nicht, sie auch auszusprechen.
  3. Suchen Sie bei einem Konflikt nicht die Schuld beim anderen. An einer Beziehung sind immer zwei beteiligt. Einen anderen Menschen zu verändern, liegt nicht im Rahmen unserer Möglichkeiten. Wir können nur uns selbst verändern. Arbeiten Sie an sich selbst und fragen Sie sich, welchen Beitrag Sie zur Lösung eines Konflikts leisten können.
  4. Tragen Sie nie einen Konflikt aus, wenn Sie müde und ausgelaugt sind. Erzwingen Sie keine Aussprache, wenn Sie bemerken, dass Ihr Partner erschöpft ist. Solche Diskussionen enden meistens im Streit; zu leicht sagt man Dinge, die man später bereut. Warten Sie einen oder zwei Tage und sprechen Sie sich aus, wenn Sie ausgeruht sind. Nur dann können Sie Verständnis für Ihren Partner aufbringen und nachempfinden, was der andere fühlt.
  5. Entdecken Sie Gemeinsamkeiten. Zweifel an einer Beziehung führen oft zu dem Gefühl, zu verschieden zu sein. Wer solche Zweifel hegt, läuft Gefahr, sie durch jeden kleineren Konflikt bestätigt zu sehen. Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit nicht auf die Unterschiede – die wird es in einer Welt der Vielfalt immer geben –, sondern auf die Gemeinsamkeiten, die Sie zusammengeführt haben. Pflegen Sie Ihre beiderseitigen Interessen und vergessen Sie dabei nicht, die Andersartigkeit Ihres Partners zu achten. Denn diesen Respekt vor Ihrer eigenen Individualität erwarten Sie auch vom anderen.
  6. Achten Sie auf Ihre geistige Klarheit. Eine Beziehung braucht viel Aufmerksamkeit und Wachheit. Wenn wir müde und erschöpft sind, entgehen uns die feinen Regungen unseres Partners. Achten Sie deshalb darauf, dass Sie immer ausreichend schlafen.

Heft 18 – Ayurveda bei unerfülltem Kinderwunsch

Unerfüllter Kinderwunsch – keine Seltenheit und kaum natürliche Behandlungsmöglichkeiten. Die weibliche Fruchtbarkeit besser verstehen und ayurvedisch unterstützen und auch in den Wechseljahren die Balance finden.

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