Ayurveda Faktencheck

Das Leben ist schneller geworden. Immer mehr Aufgaben, Anforderungen, Verpflichtungen sollen in immer kürzerer Zeit bewältigt werden. Auch die Beschaffung und Zubereitung von Lebensmitteln wird zunehmend rationalisiert – für den entspannten Einkauf auf dem Markt und die genussvolle Zubereitung bleibt oft keine Zeit. Die Lösung wird im Aufwärmen von Fertignahrung oder der letzten warmen Mahlzeit gesucht.

Welche Wertigkeit haben aufgewärmte Speisen aus ayurvedischer Sicht? Wie lange kann man Gerichte noch aufwärmen, bevor sie schädlich wirken? Wir stellen das Thema auf den Ayurveda Prüfstand.

Fakt ist

Das oberste Qualitätskriterium von Lebensmitteln ist aus ayurvedischer Sicht ihre Frische. Je kürzer der Zeitraum zwischen Ernte, Verarbeitung und Verzehr, desto wertiger ist Nahrung auf grob- und feinstofflicher Ebene.

Die grobstoffliche Betrachtung bewertet den Gehalt an Elementen und deren Eigenschaften in Lebensmitteln, die sich auf Vata, Pitta und Kapha, Agni (das Körperfeuer) und alle Körperstrukturen auswirken. Modern ist dieser Blickwinkel mit der Analyse von Makro- (Kohlenhydrate, Fette, Eiweiße) und Mikronährstoffen (Vitamine, Mineralien, Spurenelemente) vergleichbar.

Die feinstoffliche Betrachtung bewertet die Wirkung von Nahrung auf subtilen Ebenen unseres Seins. Vata, Pitta und Kapha haben eine subtile Entsprechung als Prana, Tejas und Ojas. Ojas gilt als Essenz, die aus dem Verfeinerungsprozess von Nahrung entsteht. Ein weiterer Aspekt ist die geistige Einstellung der Menschen, die am Herstellungsprozess von Nahrung beteiligt sind. Wenn eine Mutter in Liebe für ihr Kind kocht, schmeckt es trotz Nährstoffgleichheit nun einmal anders als im Restaurant.

Auf der groben Ebene werden unsere Gewebe auch durch aufgewärmte Nahrung in ihrer „Masse“ erhalten, da Makronährstoffe kaum verloren gehen – dafür fehlt die „Klasse“. Bei den Mikronährstoffen kommt es zum Verlust einiger Vitamine durch Hitze und Sauerstoff, Mineralstoffe bleiben hingegen weitgehend erhalten. Geschmacklich verlieren die meisten Speisen nach dem Aufwärmen an Wert, nur die wenigsten wie Kohl oder Linsen gewinnen dazu.

Auf der feinen Ebene fehlt ihnen aber die Qualität, um in Ojas transformiert zu werden. Dafür gibt es in der westlichen Ernährungswissenschaft kein anerkanntes Konzept.

Ein weiterer Vorteil frisch zubereiteter Nahrung liegt in der Entschleunigung unseres Lebens und der Förderung sozialer Beziehungen. Wenn das gemeinsame Essen nach eigener Herstellung wieder an Bedeutung gewinnt, übersteigt seine Wirkung die Ebene reiner Nährstoffzufuhr. Essen verbindet uns mit der Natur, lässt uns bewusst Pausen einlegen, nährt unsere Sinne und wird zum Treffpunkt von Menschen. Qualitäten, die heute wichtiger sind denn je.

Wenn es dennoch mal nicht anders geht, dann können Sie Speisen schonend aufwärmen.
Besser Hochwertiges mal aufgewärmt essen, als den Gang zur Imbissbude antreten.

Hierzu empfehle ich, die folgenden 5 Punkte zu beachten:

  • Setzen Sie gleich nach Herstellung einer Speise den Deckel auf und lassen Sie diese abkühlen. Bis zu 3 Stunden kann der Topf in Raumtemperatur stehen, stellen Sie ihn bei längerer Aufbewahrung in den Kühlschrank, um der Entwicklung von Mikroorganismen und deren Toxine vorzubeugen. Bitte niemals längere Zeit warmhalten!
  • Wärmen Sie Speisen nie später als 12 Stunden nach Herstellung auf.
  • Meiden Sie schnelle und unnatürliche Aufwärmverfahren wie die Mikrowelle und wählen Sie stattdessen Töpfe und Pfannen mit Deckel oder den Backofen.
  • Achten Sie auf ausreichende Erhitzung (mindestens 70 Grad) beim Erwärmen und verwenden Sie etwas Ghee am Topfboden, um dem Anbrennen vorzubeugen.
  • Fügen Sie der aufgewärmten Nahrung immer noch etwas „Frisches“ zu, z.B. frische Kräuter, eine Tomate oder Ähnliches.

Fazit

Aufgewärmt ist halb so gut und halb so schlecht, wie oft behauptet wird und sollte daher als Ausnahme von der Regel angesehen werden. An frischer, mit Achtsamkeit zubereiteter Nahrung geht im Ayurveda kein Weg vorbei.


Heft 44 – Demenz

Das Ayurveda Journal beschäftigt sich in dieser Ausgabe als Titelthema mit Demenz.