Reine Nahrung für den Geist

„Sattva-Menschen lieben Speisen, die ihre Lebenskräfte, Stärke und Gesundheit steigern.
Solche Speisen machen glücklich und zufrieden.
Saftig sind sie, frisch und wohlschmeckend.
Der Rajas-Mensch zieht Speisen vor, die bitter, sauer, salzig, beißend, scharf und sehr heiß sind.
Sie verursachen Krankheit, Schmerz und Leid.
Der Tamas-Mensch hingegen bevorzugt Speisen, die abgestanden, schal, faulig, übelriechend und unrein sind.
Gern isst er, was andere übriglassen.“

Zitat Bhagavad-Gita (Kap. 17,7-10)

Grundlagen

Unter der sattvischen Ernährung verstehen wir in der Diätetik eine sehr reine und naturbelassene Ernährungsform, deren Ziel die Steigerung der geistigen Verfassung im Menschen ist. Die Ernährungskriterien werden nach den drei Grundeigenschaften (Guna) Tamas, Rajas und Sattva ausgerichtet und sollen bei der Überwindung von Tamas und Rajas und der Steigerung von Sattva unterstützend wirken. Damit entsprechen sie allen Prinzipien, mit der die Klarheit des Geistes, die Reinheit der Gefühle und die Kraft des Körpers gestärkt werden können.

Vegetarisch oder doch mit Fleisch? Dies ist die Gretchenfrage in der Ernährung, wenn es um das sattvische Bewusstsein geht. Denn das Ziel der sattvischen Ernährung ist es, unsere spirituelle Entwicklung zu fördern und dafür ist eine naturbelassene Bio-Ernährung, die auf alle fleischlichen Eiweiße verzichtet, ein absolutes Muss.

Durch das geistige Prinzip der Gewaltlosigkeit (amhimsa) gewinnen wir an spiritueller Kraft, feinstofflicher Energie und geistiger Vitalität. Die einzige Quelle tierischen Eiweißes stellt die frische Bio-Milch sowie Butter, Ghee und etwas Joghurt dar.

Auch anregende Reizstoffe wie Kaffee, schwarzer Tee, Knoblauch und Zwiebeln sind verboten, da sie einen schlechten Einfluss auf die Reinheit des Geistes ausüben. Ein weiterer wichtiger Aspekt der sattvischen Ernährung ist das Gebet: Jede Mahlzeit wird mit großer Dankbarkeit für Gottes Gaben in Bewusstheit zubereitet und in Ruhe eingenommen.

Wir kochen mit viel Liebe und legen unsere ganze Zärtlichkeit in die Verarbeitung von lebendiger Nahrung – liebevoll schneiden wir unser Gemüse, atmen ihren Duft beim Kochen, hören es sanft köcheln und sehen die fertigen Speisen in ihrer heilenden Kraft vor unserem inneren Auge entstehen. Durch das Singen von spirituellen Versen (Mantras) können wir die heilende Kraft beim Kochen noch verstärken. Nach diesen sattvischen Grundregeln richten traditionell alle intensiv Yoga-Praktizierende und andere spirituell Suchende ihre Ernährung aus und praktizieren diese in Klöstern und Tempeln.

Doch auch wenn wir kein strenges Yoga-Leben führen, kann die sattvische Ernährung eine wertvolle Therapie für uns darstellen. Die reine Ernährung befreit uns von psychischen Schlacken und bringt unterdrückte Gefühle an die Oberfläche. Gerade depressive oder traumatisierte Menschen sind oft mit geistigem Ama belastet und können mit der sattvischen Ernährung wieder in Kontakt mit sich selbst kommen und sich von ihren Ängsten, Aggressionen und negativen Emotionen befreien.

Mit der richtigen Ernährung erfahren wir neue Lebendigkeit und Klarheit, die uns die Kraft geben kann, alte Persönlichkeitsmuster abzulegen und ein neues Selbstbild in das Leben zu integrieren. Dafür sollte etwa die Hälfte unserer Nahrung aus möglichst unbehandeltem Gemüse und Früchten bestehen, dazu kommen vollwertige Getreideprodukte und Nüsse. Die einfachen und mild gewürzten Speisen gleichen das körperliche und geistige Feuer aus und fördern inneren Frieden und Reinheit.

Der Grundgeschmack der sattvischen Diät setzt sich aus süßen und bitteren Nahrungsmitteln zusammen, wie z.B. süße Früchte, Nüsse oder Blattgemüse. Diese öffnen unseren Geist, befreien uns von negativen Emotionen und fördern den Heilungsprozess bei psychischen Erkrankungen. Eine der wichtigsten sattvischen Ernährungsregeln lautet, am Abend eine gesunde, frisch gekochte Mahlzeit zu genießen. Das bedeutet in der Alltagpraxis für den normalen Mitteleuropäer, Abschied nehmen vom kalten Abendbrot und stattdessen eine warme Suppe oder ein leichtes Gericht mit Gemüse und Getreide einzunehmen.

Doch was so leicht (und lecker) klingt, kann für viele eine ungeahnte Herausforderung sein. Häufig sind Klienten alles andere als begeistert, wenn ihnen vorgeschlagen wird, sich ein warmes Abendessen zu kochen: „Was, ich soll mich nach einem langen Arbeitstag nochmals an den Herd stellen? Dazu bin ich viel zu müde…“ kommt als abwehrendes Argument. Oder: „Wenn ich abends nach Hause komme, bin ich so hungrig, dass ich alles in mich reinstopfe, was im Kühlschrank ist. Danach lege ich mich auf Sofa und schlafe vor dem Fernseher ein.“

Gerade alleinstehende Berufstätige tun sich schwer mit einer hochwertigen Selbstversorgung und vielen fehlt es an Zeit und Energie, um eine positive Beziehung zu Herd und Küchenschürze aufzubauen.

In dieser Art leiden viele Menschen energetisch an einem Rajas-Überschuss, der sich in körperlicher und mentaler Überlastung, Stress und emotionaler Unausgeglichenheit manifestiert.

Am Abend möchte der Organismus zur Ruhe kommen und wenn wir bereits ausgepowert sind, so ist die Verführung groß, bei einer Flasche Rotwein und einer Tafel Schokolade ins Tamas zu versinken, anstatt sich mit einer frischen Gemüsesuppe in einen Sattva-Zustand zu versetzen. So warten die gefährlichsten Ernährungsfallen erfahrungsgemäß in den Abendstunden auf uns, wenn wir müde und erschöpft sind und dem niedrigen Energiehaushalt nachgeben. Denn im tamasischen Energiefeld sind wir besonders anfällig für tamasische Speisen wie fast-food oder Süßigkeiten. Gelingt es uns, stattdessen für den Abend noch genügend Lebensenergie aufzubewahren, so können wir diese für viele schöne und regenerative Dinge nutzen, die unsere Lebensqualität steigern.

Nach meiner Erfahrung ist die beste Methode, um diesen Kreislauf zu durchbrechen und ein Energieleck zu vermeiden, bereits am Nachmittag mit einem warmen Tee, entspannenden Spaziergang in der Natur oder einem Yogakurs das positive Energieniveau zu verstärken. Mit dem energetischen Aufbauprogramm tanken wir unsere Sattva-Batterien wieder auf und gewinnen die Kraft für alle Aufgaben – einschließlich des Kochens – am Abend. Damit schließt sich der Sattva-Kreislauf für ein harmonisches, gesundes und spirituelles Leben im Sinne von Ayurveda und Yoga.

Traditionelle Regeln der sattvischen Ernährung

Zu meiden

  • Genusssucht und Gier beim Essen, achte auf die Reinheit Deiner Nahrung und Gesinnung
  • schlechte Gesellschaft und eine negative Atmosphäre beim Essen
  • Vermeide alle scharfen Gewürze und anregenden Speisen. Hierzu zählen vor allem Zwiebeln, Knoblauch, Lauch, Chili, Pfeffer, Muskat und Meerrettich.
  • altes, aufgewärmtes und chemisch behandeltes Essen
  • Vermeide tote Nahrung und vermeide Fleisch, Fisch, Wurst und Eier
  • alle Reiz- und Suchtmittel wie Kaffee, Alkohol, Nikotin und schwarzer Tee

Zu empfehlen

  • Lebe maßvoll und überlade Deinen Magen nicht.
  • Bevorzuge ausschließlich frische und liebevoll zubereitete Nahrung
  • Deine Nahrung sollte möglichst rein und einfach zubereitet sein: Im vollen Korn von Weizen, Reis, Gerste und Dinkel steckt reine Lebensenergie. Ebenso sind alle Gemüse, Früchte und Nüsse ein Geschenk der Natur. Von den Hülsenfrüchten ist die Mungobohne die Königin und harmonisiert alle Sinne. Die frische Milch von Kuh, Ziege oder Schaf hat alle guten Eigenschaften
  • Nehme Deine Nahrung weder heiß noch kalt und weder nass noch trocken ein
  • Beginne und beende jede Mahlzeit mit einem Gebet

Heft 29 – Ernährung aus Sicht des Yoga

Das Journal über die Ernährung aus Sicht des Yogas – welche Lebensmittel für geistige Klarheit sorgen, wo die Unterschiede zur ayurvedischen Ernährungsphilosophie liegen und ihre Gründe.