Man erzählt sich, dass Alexander der Große an einem Herbstabend des Jahres 327 v. Chr. Kaschmir erreichte und seine Armee in einem ausgetrockneten Tal lagern ließ. Am nächsten Morgen war das ganze Tal von einem blauvioletten Blütenteppich überzogen, der sich auch unter den Zelten und Kampfwagen ausgebreitet hatte. Alexander sah das als Zeichen der Götter an und beschloss an dieser Stelle, seine Eroberung der Welt zu beenden. Die hübsche Blume, die den berühmten Makedonier der Legende nach zum Rückzug veranlasste, war der Safran (Crocus sativus).

Safranfäden sind federleicht. Tausend Blüten müssen gezupft werden, bis eine Prise Safranpulver zusammenkommt. Für einen Kilo Safran braucht man 250.000 bis 360.000 Safranfäden. Alles ist Handarbeit: Anbau, Ernte und Verarbeitung. Daher ist Safran eines der teuersten Gewürze der Welt.

Viele Geschichten ranken sich um diese Pflanze und das gleichnamige Gewürz, dessen klangvolle Bezeichnung vom Arabischen za’faran (was so viel wie “gelb sein” bedeutet) abgeleitet ist. Im Gegensatz zu den hiesigen Krokusarten blüht der Safran nicht im Frühling, sondern im Herbst. Er ist eine Blume, die nachts geboren wird. Mit den ersten Sonnenstrahlen öffnet sich der blauviolette Blütenkelch, aus dem drei dunkelrote Stempelfäden – die begehrten Safranfäden – ragen.

Herkunft und Vorkommen von Safran

Safran war schon in der Antike ein heiß begehrter Luxusartikel. Damals wurde das „rote Gold” hauptsächlich in Mesopotamien, Persien, Kaschmir und auf Kreta angebaut. Ab dem 8. Jahrhundert führten die Araber den Safran-Anbau in Spanien ein. Im Gepäck der Kreuzritter gelangte die Safrankrokus-Zwiebel im 11. Jahrhundert nach Frankreich.

Auch in Deutschland wurde das edle Gewürz ab dem 11. Jahrhundert angebaut und drei Jahrhunderte später in England. Heute zählen Spanien und der Iran zu den Hauptanbaugebieten (80 Prozent der Weltproduktion). Weitere bekannte Anbaugebiete sind z.B. Griechenland, Frankreich, Türkei, Marokko und Kaschmir. Der beste Safran soll aus La Mancha in Spanien kommen.

Verwendung in der Küche

Dem Safran scheinen Zauberkräfte innezuwohnen: nur fünf dieser gerade mal ein Hundertstel Gramm leichten Fäden genügen, um einen Liter Wasser tiefgelb zu färben oder eine Speise göttlich zu würzen. Safran schmeckt gut zu Fisch- oder Reisgerichten, eignet sich zum Verfeinern von Suppen, Saucen, Süßspeisen, Tees, Milchgetränkenoder Sahne. Das Gewürz ist unverzichtbarer Bestandteil der französischen Bouillabaisse, der spanischen Paella und dem italienischen Risotto Milanese. In Zentralasien und Indien dient Safran zum Färben von Reisgerichten.

Heilwirkung

Die kostbaren Safranfäden enthalten Carotinoide (bis zu 10 Prozent der Gesamtmasse) und 0,4 bis 1,3 Prozent ätherisches Öl mit Safranal als Hauptkomponente. Insgesamt sind ca. 300 Inhaltsstoffe in Safran enthalten, darunter Pinin, Thiamin (Vitamin B1), Riboflavin (Vitamin B2) und Flavonoide.
Die Naturheilkunde verwendet Safran unter anderem bei der Behandlung von Schmerzen (v.a. bei Kopfschmerzen); zur Stärkung von Leber, Milz und Herz; zur Linderung von Magenbeschwerden; bei Bronchialleiden, Lungenbeschwerden und andauernden Hustenleiden; bei Nervenleiden (z.B. Epilepsie); bei leichten bis mittleren Depressionen und unterstützend bei Krebstherapien (zytotoxische Wirkungen in Bezug auf Tumorgewebe). Safran wirkt appetitanregend, euphorisierend und stimmungsaufhellend. In Indien gilt er als starkes Aphrodisiakum.

ACHTUNG: Im Übermaß genossen kann Safran zu Vergiftungserscheinungen und (bei einer Einnahme von ca. 10 bis 20 Gramm im Pulverzustand) sogar zum Tod führen.

Ayurvedische Eigenschaften von Safran

Safran ist sattvischer Natur und verleiht Liebe, Mitgefühl und Hingabe. Er stärkt das Agni (Verdauungsfeuer), ohne dabei Pitta anzuregen und wirkt beruhigend auf alle drei Doshas. Die Grundeigenschaft ist ölig und leicht, der Geschmack scharf und bitter, die energetisierende Wirkung erhitzend.

Rezept-Tipp

Wegen seiner hitzeerzeugenden, euphorisierenden und stimmungsaufhellenden Eigenschaften eignet sich Safran besonders für die kalte, dunkle Jahreszeit. Selbst an trüben Herbsttagen versetzt uns sein orientalisch anmutender Geschmack und Duft in eine Atmosphäre von Tausendundeiner Nacht.

Kheer Safran-Rosenwasser-Dessert

Zutaten:

½ TL Safranfäden • ¼ Tasse Basmatireis • 2 ½ Tassen Sahne • 1 ¼ Tassen Milch • 1 TL Kardamom, gemahlen oder 2 – 3 Kardamomschoten • 1 Tasse Rohrzucker • 1 TL Rosenwasser • Rosenblüten zum Garnieren

Zubereitung:

Safranfäden in 4 EL heißem Wasser ca. 1 Stunde, den gewaschenen Basmatireis 5 – 6 Stunden einweichen. 5 EL Wasser in einen Topf geben (so besteht wenig Gefahr, dass die Milch anbrennt), Sahne und Milch aufkochen und dabei ständig umrühren. Safran (mit Einweichwasser), Kardamom und Reis dazugeben. Bei kleiner Hitze 20 – 30 Minuten weiter kochen, bis der Reis eine leicht puddingartige Konsistenz annimmt. Umrühren nicht vergessen! Rohrzucker hineinrühren. Reispudding abkühlen lassen (evtl. Kardamomschote entfernen) und mit Rosenwasser verfeinern. In einer Schale, garniert mit echten Rosenblüten, servieren.
Rezept entnommen aus „Die köstliche Küche des Ayurveda“ von Dr. med Ernst Schriott und Cynthia Nina Bolen, Goldmann Verlag.


Heft 35 – Allergien

Das Ayurveda Journal beschäftigt sich als Titelthema in Heft 35 mit der ayurvedischen Behandlung von Allergien.