Im Ayurveda kennen wir das Prinzip von Ojas: feinstoffliche Energie, die unser Immunsystem stärkt, uns innere Zufriedenheit gibt und unsere Ausstrahlung bestimmt. Ojas zu fördern, ist ein wichtiges Anliegen im Ayurveda – und der Grundpfeiler für eine wirksame Abwehrkraft.

Ojas als feinstes Produkt unseres Stoffwechsels entsteht von selbst, wenn wir unsere drei Doshas im Gleichgewicht halten, für ein starkes Agni (Verdauungsfeuer) sorgen und die Entstehung von Ama (Unverdautem) vermeiden.

Natürlich sieht auch der Ayurveda den Menschen als untrennbare Einheit von Körper, Geist und Seele – keine Störung geschieht nur auf einer Ebene – und so braucht auch die Stärkung der Immunität alle drei Ebenen.

Wo steht der Ayurveda mögliche Ursachen von Infektanfälligkeit?

Ungleichgewicht des Kapha-Dosha

Das Kapha-Dosha bestimmt maßgeblich unsere Immunität. Steigt Kapha in der Umgebung an, zum Beispiel bei kaltem und nassem Wetter, nimmt Kapha auch im Körper zu, besonders, wenn wir in unserer Grundkonstitution viel Kapha haben. Die Schleimhäute produzieren mehr Sekret, und darauf können Viren und Bakterien den idealen Nährboden finden.

Ungleichgewicht des Pitta-Dosha

Bei hohen Außentemperaturen steigt das Pitta-Dosha im Körper, was einen starken Einfluss auf unsere Stoffwechselfunktionen hat: Agni, unser Verdauungsfeuer, wird vermindert, die Verdauungsleistung nimmt ab. Gerade Pitta-Typen fühlen sich deshalb im Sommer kraftlos und geschwächt. Der Appetit auf schwere Nahrung lässt nach, auch leichte Kost wie Salate oder Obst wird oft nicht mehr gut verstoffwechselt. Es entsteht Ama. Erst recht wird Fleisch vom Grill mit fettigen Soßen nicht mehr vertragen. Die hohen Temperaturen bringen uns ins Schwitzen, und der nächste Luftzug, z. B. bei einer Autofahrt mit geöffnetem Fenster, bringt uns eine Sommergrippe.

Ungleichgewicht des Vata-Dosha

Vata als führendes Dosha kann im erhöhten Zustand schnell Störungen jeder Art verursachen. Aber was erhöht Vata besonders und wie entsteht Infektanfälligkeit durch gestörtes Vata?

Durch Stress erhöht sich Vata im System, das heißt, in Körper, Geist und Seele manifestieren sich vatabedingte Ungleichgewichte. Vata-Störungen können auch durch falsche Essgewohnheiten, übermäßiges Denken und Reden, schlechte Schlafgewohnheiten, Überlastung und psychische Probleme entstehen. Ängstlichkeit, Kummer, Sorgen und Unsicherheit erhöhen ebenfalls Vata. Gestörtes Vata verursacht einen trockenen Darm. Da der Darm Hauptsitz unseres Immunsystems ist, führt schon die vatabedingte Verstopfung zu einer schlechteren Abwehrkraft. Vata-Störungen können zusätzlich auch die gesunde Balance der anderen beiden Doshas ungünstig beeinflussen. Die Ergebnisse der neueren Psychoneuroimmunologie bestätigen, dass Vata erhöhende Faktoren wie Schlafmangel, Veränderung des natürlichen Tagesrhythmus, Rauchen, Multitasking und schnelles Essen unser Immunsystem negativ beeinflussen.

Schwaches Agni

Ama – Unverdautes

Wenn unser Verdauungsfeuer Agni geschwächt ist und die Nahrung nicht mehr richtig verstoffwechselt wird, entsteht Ama. Unsere Dhatus (Gewebe) können durch festsitzendes Ama nicht mehr gut funktionieren und ihre Eigenregulation ist behindert. Bakterien und Viren haben dann leichtes Spiel, diese Gewebe als ihren Wirt zu nutzen.

Wie steigere ich meine Abwehrkraft?

Hier gilt die alte ayurvedische Regel: Medizin ohne gesunde Ernährung ist nicht wirksam, Medizin bei gesunder Ernährung nicht notwendig. Im Ayurveda ist eine vollwertige und ausgewogene Ernährung, welche individuell mit dem Konstitutionstyp, Alter, Beruf und Alltag abgestimmt ist, ein absolut wesentlicher Bestandteil, um Ojas zu produzieren und sich im Ganzen wohlzufühlen. Wenn die Doshas im Gleichgewicht sind, funktioniert auch das Immunsystem. Trotzdem kann jeder einmal in die Verlegenheit kommen, dass ein Virus oder Bakterien stärker sind als das eigene Immunsystem. Was können wir dann zusätzlich tun?

Therapeutische Massnahme

1. Heißes Wasser, eventuell mit Ingwer

Dies ist einfachste Maßnahme, und zumindest morgens sollte regelmäßig eine Tasse getrunken werden.

2. Ernährung

Leichtes Fasten ist die beste Therapie bei wiederkehrenden Infekten. Besonders das Abendessen soll leicht, das heißt, ohne Eiweißlast und besonders ohne Milchprodukte sein. Gemüsesuppen (vorzugsweise mit bitteren Gemüsearten wie Kohl), Kitchari und Mungdhal sind förderlich. Ganz allgemein sollten Mahlzeiten und Getränke heiß eingenommen werden, Kaltes in jeder Form gemieden werden, z. B. Essen und Getränke aus dem Kühlschrank, Eis, Rohkost oder von Natur aus kühlende Nahrungsmittel (z. B. Bananen, Hafer, Kokos, Gurken, kalte Milch, Butter, klebriger Reis). Brot sollte unbedingt getoastet werden, wenn man nicht darauf verzichten kann. Der saure Geschmack kann die Schleimhäute reizen und Entzündungen fördern. Deswegen sollten Patienten bei Abwehrschwäche auf saure Obstsorten, gesäuerte Milchprodukte, gesäuertes Brot, Tomaten, Essig und die meisten Fertignahrungsmittel verzichten.
Der bittere Geschmack dagegen kann helfen, die Abwehrkräfte zu fördern.

3. Bei Infekten der Luftwege und bei Verschleimung muss Kapha reduziert werden

Achten Sie darauf, besonders abends keine Milchprodukte zu essen. Allerdings hilft warme Milch (wenn sie abgekühlt ist) mit Honig, Gelbwurz und Ingwer angereichert (Goldene Milch) gut bei Erkältung und Verschleimung. Auch wenn ein gestörtes Agni die Ursache für den (wiederkehrenden) Infekt ist, sollte am Abend auf Milchprodukte verzichtet werden und am besten nur leichtes Dhal oder Gemüse auf den Tisch kommen.

Tipps

  • Honig und scharfe Gewürze wie Ingwer, Kurkuma, schwarzen Pfeffer, Koriander, Nelken, Kardamom, Zimt im Essen und als Tee konsumieren
  • Weizenbrot und Pasta meiden, dafür Quinoa, Hirse und Basmatireis bevorzugen
  • viel Gemüse und frische grüne Kräuter essen
  • den Schwerpunkt auf warme Getränke und warme Speisen legen
  • Bei Sommergrippe hilft Pfefferminz-, Tulsi- oder Koriandertee.

4. Hilfreiche Kräuter

Zum Aufbau und zur Abwehrstärkung: Rasayanas

Zur Stärkung der Schleimhäute oder bei wiederkehrenden Infekten der Atemwege

  • Pippali Churna (Pulver) als sogenannte Treppenkur
  • Vasa (Adhatoda vasika) als Churna oder Arishta
  • Nasya mit Anu Thaila (Einführen von je einem Tropfen Öl in jedes Nasenloch, dann hochziehen)

5. Externe Anwendungen

6. Ordnungstherapie (Ritucharya)

  • Bewegung an der frischen Luft
  • ausreichend warme Kleidung
  • Atemmeditation, Meditation

7. Panchakarma, die königliche Therapie

Dank Panchakarma können Sie den Körper von Ablagerungen, Schlackenstoffen, Umwelt-giften und überschüssigen Doshas reinigen und schaffen so die Grundlage für ein gutes Abwehrsystem.

Es lohnt sich auch ohne Infekte, Ojas aufzubauen und so die eigene Zufriedenheit, Aus-strahlung und die Gesundheit auf feinster Ebene stetig zu verbessern!


Heft 55 – Yoga & Ayurveda

Das Ayurveda Journal beschäftigt sich in dieser Ausgabe als Titelthema mit dem Schwerpunkt Yoga & Ayurveda.