Mit steigendem Lebensalter nimmt die Häufigkeit des Bluthochdrucks stark zu. Bei über 60-jährigen weist nur noch jeder Vierte normale Blutdruckwerte auf. Bedrohlich ist der Umstand, dass Bluthochdruck meist ohne Symptome verläuft oder sich nur uncharakteristische Symptome wie Kopfschmerzen, Schwindel, Nasenbluten oder Abgeschlagenheit zeigen, während die Folgen wie koronare Herzkrankheit, Herzinfarkt, Herzinsuffizienz, Nierenversagen, Schlaganfall oder arterielle Verschlusskrankheit laut Deutscher Hochdruckliga für 45 % der Todesfälle bei Männern und für 50 % bei Frauen verantwortlich sind. Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie, liebe Leserin oder lieber Leser des Ayurveda Journals, von Bluthochdruck betroffen sind, ist weit höher, als dass Sie das Thema beiseiteschieben können.

Nur jeder 4. Bundesbürger über 60 Jahre hat normale Blutdruckwerte

Schauen wir uns einmal an, wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Normwerte festlegt:
Der Blutdruck ist der in Blutgefäßen und Herzkammern herrschende Druck. Er ist abhängig von der Pumpkraft des Herzens, dem Gefäßwiderstand und dem Blutvolumen. Wenn der Druck dauerhaft zu hoch ist, werden über die Jahre die Blutgefäße geschädigt; es drohen Fol­geerkrankungen, die den gesamten Körper betreffen können. Der Blutdruck wird mit zwei Werten angegeben. Als optimaler Blutdruck gilt ein Wert unter „120 zu 80“ (120 / 80). Der erste Wert gibt dabei den systolischen Blutdruck an, dies ist der höchste Druck, der bei der Kontraktion des Herzens erreicht wird. Der zweite Wert beschreibt den diastolischen Blutdruck – darunter versteht man den geringsten Druck, der in den Schlagadern herrscht, während das Herz sich mit Blut füllt.

Eine Behandlung – ob allopathisch oder ayurvedisch – senkt das Todesfallrisiko und schützt vor Folgeerkrankungen

Bei erhöhten Blutdruckwerten besteht dringender und kontinuierlicher Handlungsbedarf, denn die Senkung des oberen Blutdruckwertes um durchschnittlich 12 mm Hg über 10 Jahre verhindert bei 11 behandelten Patienten einen Todesfall (Number needed to treat, NNT). Leider habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Mehrheit meiner Bluthochdruckpatienten von ihrem Hausarzt oder Kardiologen schlecht oder unzureichend „eingestellt“ sind. Eine Studie der Medical Tribune (26.1.2007, Seite 11) bestätigt, dass tatsächlich nur ein Drittel der Patienten gut eingestellt gewesen seien. Erschütternd ist der Fakt, dass die Privatpatienten bei dieser Studie signifikant besser abgeschnitten haben als die Kassenpatienten. Die medizinische Versorgung wird zunehmend rationiert. Wer weniger bezahlt, schlecht informiert ist oder sich nicht wehren kann, bekommt im besten Fall eine drittklassige Behandlung und die billigsten Medikamente.

Wichtige Regeln bei der Wahl Ihrer Behandlung

Wenn Sie hohe Blutdruckwerte haben, genügt es offensichtlich nicht, zum Hausarzt zu gehen. Was also sollen Sie tun? – Es wäre jetzt anmaßend und irreführend zu behaupten, kommen Sie einfach zum Ayurveda-Arzt und wir lösen alle Ihre Probleme. Nein, Sie müssen in jedem Fall proaktiv handeln und die Verantwortung nicht aus Ihren Händen geben:

  1. Wählen Sie einen Vertrauensarzt aus, der gute Referenzen aufweist und ganzheitlich behandelt.
  2. Sie müssen den Willen kultivieren, Ihren Lebensstil und Ernährung falls notwendig völlig umzustellen.
  3. Führen Sie Buch über Ihre Fortschritte.
  4. Jede Behandlung muss nach spätestens 3 Sitzungen mit Ihrem Arzt Erfolge aufweisen und diese müssen objektiv verifizierbar sein.
  5. Falls die Blutdruckwerte nicht unter Kontrolle zu bringen sind, falls sich unerwünschte Nebenwirkungen von den Therapien zeigen oder andere Gesundheitsparameter, wie z.B. der Blutzuckerwert, ansteigen, ist es an der Zeit, nach Alternativen zu suchen.

Zu Ihrem Verständnis des Funktionierens des heutigen Gesundheitssystems sei hier angemerkt, dass Ihr Arzt Sie aus der Perspektive der gängigen Lehrmeinung und Informationen der Medikamentenhersteller behandelt. Tut er es nicht, macht er einen Behandlungsfehler. Damit würde er sich vollkommen exponieren und würde auch nicht mehr dem Schutz der Ärztekammer und Hersteller unterstehen.
Läuft etwas schief, verliert er seine Zulassung und riskiert einen Schadenersatzprozess. Etwas klarer ausgedrückt, ein Arzt muss bei Ihrer Behandlung zuerst auf seinen Vorteil achten. So viele Milligramm Medikament für so viel Körpergewicht – ebenso, wie es der Hersteller empfiehlt. Kippen Sie nach Einnahme der Medikamente aus den Schuhen, so kann er sich schadlos halten und Sie prozessieren mit den Pharmariesen. Natürlich wird jeder gute Arzt Ihre und seine Interessen zu erfüllen versuchen. Letztlich ist aber jeder sich selbst der Nächste. Das ist das System. Man kann den einzelnen Ärzten eigentlich keinen Vorwurf machen.

Den Blutdruck durch Anpassung des Lebensstils effektiv senken

Nun habe ich Sie hoffentlich etwas wachgerüttelt. Das ist sehr wichtig, denn jetzt will ich Sie motivieren, die Verantwortung für Ihr Wohlbefinden und Überleben in die eigenen Hände zu nehmen. Ihr persönlicher Beitrag ist in jedem Fall der Wichtigste, denn Faktoren, welche nachgewiesener Weise den Blutdruck und das kardiovaskuläre Risiko senken können, sind:

  1. Beendigung des Rauchens
  2. Idealgewicht
  3. Reduktion des Alkoholkonsums
  4. Körperliche Bewegung, Sport
  5. Reduktion des Kochsalzkonsums
  6. Gesunde (konstitutionelle) Ernährung
  7. Vermeiden von Stress
  8. Genügend Regenerationsmöglichkeiten
  9. Absetzen von Hormonpräparaten

Das sind die Fakten – ohne Wenn und Aber! Sie gilt es umzusetzen. Aber auch hier brauchen Sie klare Vorgaben, denn sonst sitzen Sie einer falschen These auf. Kürzlich im Frühstücksraum eines internationalen Hotels in London haben meine Frau und ich wieder einmal mit Entsetzen festgestellt, wie fast schon pervers verkehrt gesunde Ernährung wahrgenommen wird. Da schleppen sich von Gicht und Arthrosen geplagte ältere Damen mühsam mit einer Schale Müsli an ihre Tische zurück und trinken dazu einen Milchkaffee mit Orangensaft. „Diese lieben Frauen bringen sich ja um damit! Darüber möchte ich ein aufwühlendes Buch schreiben: Wie Müsli Sie sicher ins Grab befördert“, meinte meine Frau und ich fügte hinzu: „Herr Kelloggs und Bircher haben wahrscheinlich mit ihren ursprünglich gesunden Botschaften mehr Menschen das Leben zerstört, als sie je ahnen konnten, denn die Nahrungsmittelindustrie hat mit ihrer Marketingmacht für immer und ewig den Stempel gesunde Nahrung draufgedrückt. In der Werbebranche nennt man das heute den Actimel-Effekt!“

Die komplementärmedizinische Ayurveda-Behandlung

Da ich in meiner Ayurveda-Praxis schon Hunderten von Bluthochdruck-Patienten zu einem gesunden Dasein verholfen habe, zeige ich hier das Vorgehen auf, welches in den meisten Fällen zu einer Reduktion des Bluthochdrucks führen wird.

Wenn Sie einen zu hohen Blutdruck bei sich feststellen, dann sollten Sie mit einer Beobachtungsphase beginnen. Besorgen Sie sich ein Blutdruckmessgerät. Messen Sie morgens und abends um die gleiche Zeit den Blutdruck. Wenn Sie dabei größere Schwankungen feststellen, dann sollten Sie sich überlegen, ob Zusammenhänge mit Stresssituationen, Erschöpfung, Essen, etc. vorliegen.

Machen Sie sich Notizen von Ihren Beobachtungen und Überlegungen. Wenn die Werte zu hoch ausfallen, dann machen Sie bei Ihrem Vertrauensarzt eine Gesundheitsuntersuchung. Meist zahlt das Ihre Krankenkasse. Lassen Sie ein Belastungs-EKG erstellen, Ihre Blutwerte, einschließlich Schilddrüsenwerte bestimmen und machen Sie einen Lungenfunktionstest. Eine solche Untersuchung empfiehlt sich generell alle 2 bis 3 Jahre ab dem 40. Lebensjahr.
Die Informationen, die Sie vorher gesammelt haben, sind wertvolle Hinweise für Ihren Arzt und Sie sollten auf einer Anhörung Ihrer subjektiven Wahrnehmung und Messungen bestehen. Lassen Sie sich unbedingt auch Kopien der Befunde aushändigen. Lassen Sie sich nicht mit „es ist alles in Ordnung“ abspeisen und schauen Sie sich die Befunde an. Es gibt genug Bücher für Laien oder Internetseiten, die Ihnen die Befunde erklären. Und selbst wenn alles in bester Ordnung ist, weiß Ihr Arzt nun, dass Sie gut informiert sind und sein wollen. Das wird einen guten Einfluss auf Ihre zukünftigen Behandlungen bei ihm haben.

Wenn die hohen Blutdruckwerte vom Fachmann bestätigt wurden, aber von ihm kein unmittelbarer medizinischer Handlungsbedarf attestiert wurde, besteht für Sie als Betroffener trotzdem Handlungsbedarf. Warum? Ein Mediziner kann Sie erst behandeln, wenn Sie krank sind. Sie aber können dafür sorgen, dass die Krankheit sich gar nicht erst weiterentwickelt. Dabei sorgen Sie unbedingt dafür, die oben genannten Punkte 1 bis 9 umzusetzen. Ein berühmter Ayurveda-Arzt hat vor 2000 Jahren geschrieben: Weise ist, wer weiß, was gut und was schlecht für sie oder ihn ist und auch danach handelt.
Sie müssen handeln und bei der nächsten Untersuchung sind die Werte sicher besser. In den meisten Fällen von milden Formen einer Hypertonie verhindern Sie mit einer konstitutionellen Ernährungs- und Lifestyle-Optimierung, dass die Blutdruckwerte ansteigen. Der erwünschte Nebeneffekt dabei ist, dass Sie sich absolut wohl und voller Energie fühlen.

Wenn nun aber die Werte so bedenklich sind, dass medizinischer Handlungsbedarf vonnöten ist, dann haben Sie keine andere Wahl, als sich behandeln zu lassen – sei es mit Medikamenten oder mittels chirurgischer Intervention oder mit alternativen Heilverfahren wie Ayurveda. Dabei kann die ayurvedische Behandlung sowohl alternativ oder komplementär zur konventionellen Therapie eingesetzt werden.
Im Folgenden liste ich zuerst allgemein gültige Tipps für ein gesundes Herz und einen gesunden Kreislauf auf. Danach zeige ich medizinische Alternativen zu konventionellen nebenwirkungsreichen Medikamenten.

Bluthochdruck ist vermeidbar

Ayurveda stellt sich auf den Standpunkt, dass die allermeisten Herzkreislauferkrankungen vermeidbar sind. Caraka listet folgende Ursachen für Kapha- bedingte Herzerkrankungen auf: Überessen, fettige und schwere Speisen, Mangel an körperlicher und geistiger Aktivität, zu viel Schlaf und generell ein bequemer Lebensstil. Das gab’s also schon vor 3500 Jahren. Die Gegenmaßnahmen sehen wie folgt aus:

  • um oder vor 07:00 Uhr nach 6 – 7 Stunden gutem Schlaf aufstehen
  • tägliche Körperübungen, den Kreislauf fordern, Atemübungen
  • regelmäßige und konstitutionelle Ernährung zur richtigen Zeit und in richtiger Menge
  • vermeiden von Tagesschlaf
  • meiden von langem Wachbleiben – es fördert Austrocknung und damit Verhärtung der Gefäße
  • Stress vermeiden und wo nötig mit Yoga, Pranayama oder glücklich machende Aktivitäten ausgleichen
  • Überanstrengung ist genauso ungesund wie zu wenig geistig-körperliche Bewegung und sind zu meiden

In der Ernährung existieren bestimmte Nahrungsmittel, die eine tonisierende Wirkung auf Herz und Kreislauf haben

  • Alle Getreidearten
  • Alle Kohlarten, Auberginen, Kürbis, Zucchini, Brokkoli, Karotten, Zwiebeln, grüne Bohnen, Blattgemüse, Radieschen, Rettich, Soja, Mung Dal, Linsen
  • Trauben, reife Mango, Grapefruit, Granatapfel, Amalaki, Zitrusfrüchte, Datteln, Mandeln
  • Kurkuma, Asafoetida, Dill, Kümmel, Kreuzkümmel, Paprika, Knoblauch, Ajwain (Liebstöckelsamen), Steinsalz
  • Honig, Milch, Sesamöl, Ghee (eingelassene Butter)
  • Möglichst frisch zubereitete Nahrungsmittel aus marktfrischen Zutaten

Bei diesen Speisen oder Essgewohnheiten wird es gefährlich

  • fettige und in Öl gebackene Speisen
  • konventionelles Speisesalz
  • Yoghurt (nach Sonnenuntergang)
  • zu viel Ghee und Öl
  • rotes Fleisch
  • kalte Speisen und Getränke
  • Tiefkühlnahrung, Konserven, Aufgewärmtes
  • Übermäßiger Alkohol-, Kaffee-, Teekonsum

Behandlungen bei einer Ayurveda-Fachperson

Wenn der Grund der Hypertonie darin liegt, dass Ihre Herzkranzgefäße und andere Arterien Ablagerungen aufweisen, dann empfiehlt sich zur ayurvedischen Behandlung neben einer eher Kapha-regulierenden Ernährung eine Langzeitbehandlung (6 – 12 Monate) mit Terminalia arjuna.

Die Wirkung dieser Rinde eines tropischen Baumes kann deutlich verstärkt werden, wenn Sie täglich Atemübungen (Pranayama) ausführen. Dazu empfiehlt sich eine ayurvedische Reinigungskur von 2 – 4 Wochen (Pancakarma). Für relativ rasche Erleichterung bei Beklemmungsgefühl sorgt das gleiche Präparat, wenn es als Kräuterwein (Met) eingenommen wird. Die Pulsrate kann sich durch die Einnahme von Terminalia arjuna etwas verlangsamen, was bei Pulsraten von um die 50 pro Minute ungünstig ist. Deshalb sollten Sie die Einnahme solcher Präparate in jedem Fall von einem Fachmann vornehmen und überprüfen lassen.

Natürlich kann ein hoher Blutdruck auch durch innere Anspannung oder durch Erschöpfungszustände entstehen. Das würde aus ayurvedischer Sicht bedeuten, dass Vata und Pitta als verursachende Faktoren in Frage kommen. Die Behandlung geht dann auch in diese Richtung. Ein wunderbar herz- und nerventonisches Präparat für Pitta-Menschen oder Menschen mit Pitta-dominiertem Bluthochdruck ist Bacopa monnieri.

Wenn primär der diastolische Wert erhöht ist oder die Hypertonie von Unruhezuständen oder Schlafstörungen begleitet wird, dann kann die Rauwolfia serpentina eingesetzt werden. Hier wie bei Burn-out oder Erschöpfungszuständen muss die Einnahme von Medikamenten unbedingt von einer 2 – 4-wöchigen Ayurveda-Aufbaukur begleitet sein. Verschiedene physikalische Therapien, die bei einer stationären oder unter Umständen bei einer ambulanten Kur durchgeführt werden können, sind Ganzkörperölbehandlungen (Abhyanga), Stirnölguss (Shirodhara), Herzeinlauf (Hridavasti) oder Kopfeinlauf (Shiroavasti). Sie senken den Blutdruck unmittelbar und effektiv.

So steht uns in der ayurvedischen Medizin ein ganzes Repertoire von sehr effektiven Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung, das nicht auf die Symptome der Erkrankung sondern auf die Behebung der Ursachen ausgerichtet sind. Sie müssen also nicht für den Rest Ihres Lebens nebenwirkungsreiche Medikamente wie Betablocker einnehmen, die Ihre Libido schädigen und bei Langzeitanwendung Persönlichkeitsveränderungen zur Folge haben.
Es gibt Alternativen. In meiner Praxis konnte ich die meisten Patienten nach einigen Wochen oder Monaten ayurvedischer Behandlung auf weniger schädliche natürliche Medikamente umstellen oder alle Mittel nach einiger Zeit absetzen. Setzen Sie aber nie leichtfertig und ohne ärztlichen Rat Ihre blutdrucksenkenden Medikamente ab. Das kann fatale Folgen haben, weil dabei Ihr Herz geschädigt werden kann. Sie können auch nicht nichts tun und den Kopf in den Sand stecken. Der natürliche Zustand ist der gesunde. Dieses Ziel erreichen Sie mit Unterstützung von Ayurveda auf eine positive Art und Weise.
Herzliche Wünsche für ein gesundes Herz!


Heft 17 – Abnehmen mit Ayurveda

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