Es ist kaum zu glauben: Entgegen des weitverbreiteten Fast-Food-Images beschäftigen sich laut aktueller Umfrage-Ergebnisse fast ein Drittel aller Jugendlichen in Deutschland mit dem Thema gesunder und nachhaltiger Ernährung.

Immer mehr bevorzugen Bio-Kost, verzichten auf Fleisch – selbst der Veggi-Burger einer bekannten Fastfoodkette wurde zum Verkaufsschlager – und haben ein fundiertes Wissen über die empfindlichen Ökosysteme unserer Welt.

Auch meine drei Kinder – alle im Teenageralter – erstaunen mich täglich mit ihren Gesundheits- und Ernährungsdiskussionen beim Abendessen, den Berechnungen des virtuellen Wasserverbrauchs bei der Herstellung von konventionell angebauten Nahrungsmitteln und Vorträgen, wie genverändertes Saatgut die Weltpolitik, Finanzmärkte und Hungersnöte in Afrika beeinflusst.

All dies zeigt mir, dass viele junge Menschen ein hohes Bewusstsein für die gesundheitliche und ethische Bedeutung der Ernährung haben und dass die Aufklärungsarbeit in Kindergärten und Schulen langsam Früchte trägt.

Leider ist dies nicht damit verbunden, dass alle automatisch wissen, was sie essen sollten, um sich fit, leistungsfähig und ausgeglichen zu fühlen. Im Gegenteil, nirgendwo gibt es so viele sich widersprechende Ratschläge wie in der Ernährungslehre: Ständig werden neue Studien und Diäten verbreitet, welche immer sehr überzeugend belegen, dass die nun propagierte Ernährungsform – von Vegan bis Blutgruppendiät – die einzig Richtige sei.

Manche Jugendliche reagieren so stark auf die ständige Diät-Präsenz in den Massenmedien, dass sie unter der sogenannten Orthorexia nervosa (griechisch: orthos = richtig, orexis = Appetit) leiden, einer Essstörung mit dem krankhaftem Zwang, sich gesund zu ernähren.

Vielfalt statt Diäten

Da ist die ayurvedische Ernährung speziell für Jugendliche eine sehr gute Alternative zu herkömmlichen Diäten: Ihre individuelle und undogmatische Ausrichtung macht sie ausgesprochen zeitgerecht, besonders da im Ayurveda neben der typgerechten und stoffwechselangepassten Ausrichtung auch psycho-mentale und ethische Aspekte berücksichtigt werden.

Jugendliche lernen, dass sie mit dem, was sie essen, wie sie es essen und in welcher Menge sie es essen, darüber entscheiden, in welcher körperlichen und geistigen Verfassung sie sich befinden. Sie erkennen, dass ihre tägliche Ernährung ein wichtiger Baustein für das Fundament ihres Lebens, Gesundheit, Interessenausrichtung und Erfolgsaussichten ist.

Dass nicht alle Jugendlichen wild darauf sind, sich vorwiegend von Reis, Gemüse und Dal zu ernähren, ist klar. Doch glücklicherweise ist die ayurvedische Ernährung ja weit mehr als eine indische vegetarische Diät (auch wenn dies teilweise noch ein weitverbreiteter Irrtum ist) und bietet eine Fülle von alltagstauglichen Gesundheitsempfehlungen und leckeren Rezepten, die den Speiseplan eines jeden Schülers und Studenten bereichern können.

Ayurvedische Ernährung für Jugendliche in Theorie und Praxis

Laut Ayurveda ist es für Menschen in Wachstums- und Veränderungsphasen außerordentlich wichtig, sich gesund zu ernähren. Besonders die Jugend ist eine ganz spezielle Wachstumsphase, in der sich alle Qualitäten der Feuer und Pitta-Energien im heranwachsenden Menschen entfalten, festigen und kultivieren. Ab dem Teenageralter steigt das Pitta-Dosha an und der kindliche Körper erfährt einen Entwicklungsschub, der zu intensiven und teilweise unkoordinierten Hormon- und Energiewallungen, Hautrötungen und -Unreinheiten, Entzündungen und Temperamentsausbrüchen führen kann. Je nach Konstitution reagieren Jugendliche unterschiedlich stark mit körperlichen oder psychischen Pitta-Symptomen. Diese mit Hilfe von einfachen Ernährungsempfehlungen, Kräutermischungen oder Verhaltensregeln auszugleichen, ist das Ziel der Ayurveda-Heilkunde für Jugendliche.

Besonders wirkungsvoll sind nun alle natürlich süßen und bitteren Speisen wie frische Gartenkräuter – allen voran der Basilikum und Petersilie sowie Wurzel- und Blattgemüse. Auch körperliches Workout, sanfte Ausleitungsverfahren und die Reduktion von sauren und schleimigen Speisen (wie Zitrusfrüchte und Milchprodukte) helfen, den Organismus von übermäßigen Pitta-Ansammlungen – die sich häufig in typischen Übersäuerungs-Symptomatiken manifestieren – zu befreien. Wenn es uns also gelingt, Jugendliche von ihrer einseitigen Pizza-Pasta-Burger-Mono-Diät, in der täglich Tomaten, Käse und oftmals auch Fleisch zusammen gegessen werden, abzubringen, haben wir bereits die wichtigste Ernährungsveränderung vollbracht, um gegen die typischen Beschwerdebilder von Kindern und Pubertierenden Abhilfe zu schaffen.

Ergänzend zu den Empfehlungen für das körperliche Gleichgewicht legt Ayurveda auch großen Wert auf die psycho-mentale Stärkung und ethische Werteausrichtung für die Gesundheit junger Menschen. Denn der rasante Zugewinn von Tejas (Feuer) im Körper bewirkt auf der energetischen Ebene einen übermäßigen Rajas-Einfluss (überaktive Kraft der Psyche), der sich häufig in Nervosität, Aggressionen, Konzentrationsmangel, Ess- und Verhaltensstörungen bemerkbar macht.

Hier helfen neben viel Bewegung, frischer Luft und Entspannungsübungen (Yoga!) auch energiereiche Nahrungsmittel. Mit der täglichen Portion an frischem Obst, Gemüse, Nüssen und Getreide erhält der heranwachsende Organismus alles, was er für seine positive Entwicklung benötigt. Auch der Verzicht auf Fleisch, Fisch und Eier ist hilfreich, wenn es darum geht, zuviel Rajas – das sich in Form von Ärger, Intoleranz, Schweißausbrüchen, Wutanfällen oder Hautbeschwerden entladen kann – auszugleichen. Besonders der Genuss von rotem Fleisch feuert Pitta und Rajas wie ein Bunsenbrenner an und ist bei Jugendlichen meist kontraindiziert.

Die beste Eiweißquelle für einen überhitzten Stoffwechsel sind hingegen Hülsenfrüchte. Dies wussten auch schon die Römer, die ihre Gladiatoren und Krieger vor allem mit einer bohnen- und linsenreichen Kost zu leistungsstarken und teamfähigen Kämpfern trainierten. Ebenso freut sich der wachstumsaktive Gewebestoffwechsel von Jugendlichen, wenn 3-4x pro Woche eine Linsensuppe oder ein Bohneneintopf in den Speiseplan eingebaut werden.

All diese guten Empfehlungen wirken am Besten, wenn sie in rechtem Maß angewendet werden. Extreme sollten gemieden werden, auch um essstörungsanfällige Jugendliche vor Radikaldiäten zu schützen. Laut Prof. S.N. Gupta, meinem wichtigsten Ayurveda-Lehrer, gilt als Faustregel, dass es für die körperliche Gesundheit im „Normalfall“ ausreicht, wenn 80% der ayurvedischen Regeln eingehalten werden. Die 20% „ungesunden“ Gewohnheiten können wir als Lebensgenuss für das seelische Gleichgewicht verbuchen.

Ayurveda-Ernährungsempfehlungen für Jugendliche

  • Täglich kühlende und Pitta-reduzierende Früchte wie Trauben, süße Äpfel, Aprikosen, Melone und alle Trockenfrüchte, am besten zwischen 10.00 – 15.00 Uhr essen
  • Alle süßen Wurzelgemüse, wie Kartoffeln, Karotten, Pastinaken oder Sellerie im Speiseplan bevorzugen. Ebenso alle bitteren Blattgemüse wie Spinat, Mangold, Chicorée, Radicchio häufig essen
  • Regelmäßiger Sport und viel Bewegung an der frischen Luft gleichen Pitta auf optimale Weise aus
  • Warmes Wasser trinken ist wie Duschen von Innen und reinigt den ganzen Organismus. Optimal sind 1-1,5 Liter am Tag. Auch Kräutertees und Gewürztees mit Rosen- und Himbeerblättern, Brennnessel, Fenchel und Kreuzkümmel sind sehr gut
  • Das Mittagessen sollte immer die Hauptmahlzeit sein. Salat, Gemüse, Getreide und Hülsenfrüchte schenken Kraft und Wohlbefinden für den ganzen Tag
  • Eine Tasse heiße Milch mit etwas Safran, Kardamom und Zimt am Abend vor dem Schlafengehen schützt vor Heißhunger und Schlafstörungen
  • Alle Fertig- und Tiefkühlprodukte, Fast-Food und Konserven reduzieren und im Alltag durch Frisches ersetzen
  • Saure und fettige Speisen wie Tomaten, Zitrusfrüchte, Käse, Mayonnaise, zu viel Fleisch und Wurst vermeiden
  • Salzige Speisen erhitzen stark und sollten gemieden werden
  • Den Genuss von Süßigkeiten, Schokolade und Erdnüssen so weit wie möglich reduzieren
  • Als ayurvedische Nahrungsergänzungen sind etwas Triphala, Amalaki und Weizengras optimal geeignet, das Hormon- und Doshasystem auszugleichen
  • Zum Kochen sollte stets Ghee (Butterschmalz) verwendet werden, dies ist das am besten zu verdauende Fett

Falsche Nahrungsmittelkombinationen sind Srotablockierend, wirken besonders schädlich auf die Haut und sollten gemieden werden

  • saure Früchte (Tomaten, Zitrusfrüchte, Beeren) mit Milchprodukten (Joghurt, Käse)
  • Milch mit Fisch, Fleisch, sauren Früchten, Rettich oder Wassermelone
  • kalte Getränke mit fettigem Essen
  • kalte Speisen mit sehr heißen Speisen (z.B. Eis mit heißen Beerenfrüchten)

Titelseite des Ayurveda Journals Ausgabe 30. Auf dem orangen Cover sieht man das hellblaue Meer, eine Insel die mit Palmen bewachsen ist und eine lange Sandbank.

Heft 30 – Kuren am Ursprung des Ayurveda

Mit einer Ayurveda-Kur den Körper entschlacken – Traditionelle Panchakarma Kuren im Herzen von Indien, am Ursprung des Ayurveda. Auseinandersetzen mit dem eigenen Körper in einer fremden Kultur.