Die Ärztin Dr. Lalitha Gunarathna arbeitet seit fast 50 Jahren in der Ayurveda-Medizin – und lebt dafür. Ihren Patienten im Health Resort in Wadduwa gibt sie vor allem eines mit: Achtsamkeit.

Es ist kurz vor acht Uhr abends und Dr. Lalitha Gunarathna zieht um die Tische. Manchmal scheint es, als sei die zarte, ceylonesische Frau überall zugleich auf dem gesamten Gelände des Siddhalepa Health Resorts in Wadduwa auf Sri Lanka. Dr. Gunarathna, 71 Jahre und junggeblieben, wirkt wie eine strenge Mutter, die stets darauf achtet, dass ihre Schäfchen sich auch an ihre Vorgaben halten. Die Stippvisite im Restaurant direkt am Strand soll ihre Patienten nochmals an die Ernährungsempfehlungen erinnern. Denn das richtige Essen ist Bestandteil der Kur und wichtig, um gesund zu werden. Oder zu bleiben.

Gärten voll von Pflanzen

Am nächsten Morgen ist Lalitha Gunarathna dann ganz in ihrem Element. Liebevoll erklärt sie jede der besonderen Pflanzen im schönen Garten des Resorts, wo sie seit 2008 arbeitet. Haritaki, Papaya, Sandelholzbaum, Jackfruchtbaum, Ceylon-Zimtbaum, Shatavari, Amlabaum und nicht zuletzt Banyan, auch Bodhi-Baum genannt, der verehrt wird auf Sri Lanka – saß doch Buddha einst unter einem großen Baum dieser Art, als er erleuchtet wurde.

Gunarathna, sonst eher still und ernst, strahlt glücklich, als sie während der Gartenführung die Ayurveda Resortgäste schnuppern und fühlen lässt. „Raten Sie mal! Was ist das?“ Vielleicht Zimt oder Sandelholz? Die Vielfalt der heimischen Pflanzen ist beeindruckend. Mehr als 40.000 verschiedene sollen es sein. Arzneimittel wachsen also quasi vor der Haustür. Und Dr. Gunarathna lässt keinen Zweifel daran, dass sie die Natur liebt und die Vorzüge eines ayurvedischen Lebensstils. Sie lebt es schließlich vor.

Ayurveda jeden Tag

„Ayurveda hilft mir gesund und stark zu bleiben“, sagt sie. Zur täglichen Routine der Ärztin gehört das frühe Aufstehen um sechs Uhr morgens. „Als Erstes reinige ich meinen Körper und meditiere.“ Lalitha Gunarathna ist eine Frau, nach deren Lebensrhythmus man die Uhr stellen könnte. Punkt halb eins ist Mittagspause, nach Feierabend um etwa 17 Uhr geht sie 30 Minuten spazieren. Gegen 18 Uhr folgen ein Bad und „ein paar Gebete“. Jeden Tag die gleiche Prozedur. Ihr Körper, erzählt sie, dankt es ihr.

„Mein Freizeitvergnügen nach dem Abendbrot um 20 Uhr ist Fachbücher lesen oder fernsehen.“ Auch dann sind es meist Sendungen über Buddhismus, die sie einschaltet, sagt sie. Und Dokumentationen oder Diskussionen zu medizinischen Themen. Man glaubt ihr das sofort, sie hat eine Ernsthaftigkeit, die keine Ausnahme erlaubt. Warum auch? Denn darum dreht sich für sie alles: Wie leben Menschen ohne Krankheit, zufrieden mit sich und anderen? Schon als Kind interessierte sie das.

Ihre Kindheit ist die Geschichte eines begabten Mädchens, das von den Eltern erwählt wurde, in die Fußstapfen des Onkels zu treten, eines erfolgreichen Ayurveda-Arztes. Dieser schlug ihrem Vater vor, eines seiner Kinder Ayurveda Medizin studieren zu lassen. So geschah es. Lalitha war diejenige, die sich 1960 dafür entschied. Sie wollte es so. „Ich war damals 18 Jahre alt, und es waren schwierige Studien“, erzählt Lalitha Gunarathna.

Die Ausbildung zur Ayurveda-Ärztin

Fünf Jahre lang studierte sie an der Universität in Colombo, dann folgte ein zur Ausbildung gehörendes, praktisches Jahr in einer Ayurveda-Klinik. Sie verbrachte mehrere Jahrzehnte an verschiedenen Krankenhäusern auf ihrer Heimatinsel, in denen sie als Fachärztin und Amtsärztin („medical officer“) arbeitete. Zudem beteiligte sich Gunarathna – immer neben dem eigentlichen Job – noch beim United Nations Development Programme (UNDP) und der Geltgesundheitsorganisation (WHO) als Ausbilderin.

Heute kümmert sie sich im Resort in erster Linie um Touristen, die oft mit westlichen Problemen wie Burnout-Syndrom, Bluthochdruck, Diabetes oder allgemeinen Stresserkrankungen kommen. Wenn ihre Patienten dann bei ihr lernen, das Richtige zu essen, zu meditieren, vielleicht am morgendlichen Yoga-Kurs teilzunehmen und schnell kleine Erfolge spüren – dann ist Dr. Gunarathna absolut glücklich.

Ernsthaftigkeit bei der Sache ist ihr wichtig

Wenn allerdings ihre Ratschläge in den Wind geschossen werden, und sie mitbekommt, dass ein Kurgast nach dem Shirodhara, dem Ölguss, doch schwimmen geht oder zum Abendessen nicht das Richtige isst, dann ist sie frustriert. „Es wird dann schwierig, Erfolg zu haben und etwas zu bewirken“, sagt sie ernst. Denn wie kann man auch so einfältig sein und die Lehren des Ayurveda nicht ernst nehmen? Das wird Dr. Lalitha Gunarathna wohl nie begreifen.

Aber überwiegend hat sie gute Geschichten über die Fremden zu erzählen. Eine Burn-Out-Patientin litt unter Liebeskummer, weil ihr Freund sie verlassen hatte. „Sie weinte die ganze Zeit.“ Auf Gunarathnas Rat hin schrieb sie seinen Namen auf einen Zettel und warf ihn ins Meer. „Danach war sie wieder happy“, erzählt die Ärztin. Auch mag sie die Erlebnisse mancher Patienten nach der Shirodhara-Behandlung: „Einige Gäste träumten anschließend von ihrer Kindheit, von ihrem früheren Leben. Es ist ein bisschen wie ‚brainwash’.“ Nun ist es Mittagszeit, Lalitha Gunarathna streicht den Sari glatt und eilt davon. Schließlich gibt es nichts Schöneres als Routine.


Heft 39 – Hormonelle Balance

Das Ayurveda Journal beschäftigt sich als Titelthema in Heft 39 mit den Wechseljahren der Frau aus Ayurvedischer Sicht.